Giftpflanzen - Biologie.
Publié le 09/06/2013
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Selen zu den lebensnotwendigen Elementen – aber eben nur in geringsten Spuren.
Marco Polo berichtete von seiner Reise nach China, seine europäischen Pferde seien nachdem Fressen einer Hülsenfrüchtlerart aus der Gattung Tragant (Astragalus bisulcatus) eingegangen, und er habe vor Ort neue Pferde erwerben müssen.
Diese fraßen die giftigen Pflanzen nicht, die überall saftig und üppig wuchsen.
Heute weiß man, dass diese Tragantspezies (in Nordamerika als loco weed bekannt und gefürchtet) das eigentlich lebensnotwendige Selen in hohen und damit für Tier und Mensch giftigen Konzentrationen aus dem Boden aufnimmt und in den Blättern anreichert.Normalerweise haben Weidetiere einen Instinkt für Giftpflanzen und lassen diese auf der Weide unberührt, weshalb solche Pflanzen auch als Weideunkräuter bezeichnet werden.
Europäischen Pferden war Tragant wohl als genießbar bekannt, nicht aber die asiatische Art dieser Pflanzengattung.
Weideunkräuter können erheblich zum Charmeeiner Landschaft beitragen: So gliedert das durch seine lebertoxischen Pyrrolizidine geschützte Jakobskraut (Senecio jacobaea) mit seinen prallen, gelben Blütensträußen schottische Weiden und lässt sie aufleben.
7 KONTAKTGIFTPFLANZEN
Bei manchen Giftpflanzen genügt bereits das Berühren der Blätter, um Vergiftungssymptome zu erzeugen.
Glücklicherweise sind solche Pflanzen in Mitteleuropa nicht sohäufig wie zum Beispiel in den USA, wo Giftsumach zu den gefürchtetsten Pflanzen im lichten Unterholz der Wälder zählt.
Die Wirkung der von den Blättern abgegebenenöligen, klebrigen Gifte ist zwar nicht tödlich, doch erzeugt allein eine geringe Berührung mit diesen unscheinbaren Sträuchern und Kletterpflanzen schlimme, schlechtheilende Hautekzeme, die vor allem Kinder sehr beeinträchtigen.
Bei den Giftsubstanzen handelt es sich um langkettige Phenolderivate wie Urushiol, die in ihrer Wirkungdem Sevesogift Dioxin nahekommen.
In Europa ist der Riesen-Bärenklau, auch Herkulesstaude genannt, eine Kontaktgiftpflanze.
Ursprünglich stammt Riesen-Bärenklau aus dem Kaukasus, wurde jedoch wegen seiner imposanten Wuchsform nach Mitteleuropa gebracht, wo er sich wegen des freundlicheren Klimas unaufhaltsam ausbreitet.
Die bis zu knapp drei Meter hohe Pflanzebildet riesige Dolden aus – groß wie Kinderregenschirme – und fällt sofort in der Landschaft auf.
Beliebt und ungefährlich ist dieser Doldenblütler in getrocknetem Zustand,in dem er seinen beeindruckenden Habitus beibehält und dadurch in alle möglichen Blumengestecke oder Trockensträuße integriert werden kann.
Berührt man die Pflanzeallerdings in frischem, grünen Zustand, dann kommt man über die borstige Blattoberfläche unweigerlich in Kontakt mit Spuren des Pflanzensaftes.
Zunächst wird man nichtsbemerken, aber bald – je nach Lichtexposition der betroffenen Hautstelle – entwickeln sich Rötungen bis hin zu langwierigen Ekzemen.
Bei den Giftstoffen im Riesen-Bärenklau handelt es sich um Furanocumarine, die erst bei Bestrahlung mit UV-Licht ihre toxische Wirkung entfalten.
8 PFLANZE GEGEN PFLANZE
Im Kampf ums Dasein müssen sich Pflanzen auch gegenüber Pflanzen behaupten.
Eine Strategie – etwa von Bäumen gegen krautige Pflanzen – besteht darin, Konkurrenteneinfach zu überwachsen und ihnen die Sonne zu nehmen.
Eine andere ist es, Gifte einzusetzen.
So dünsten abgeworfene Eukalyptusblätter am Bodenwachstumshemmende, etherische Öle aus; auch abgefallene Kiefernnadeln „desinfizieren” den Boden.
Der auf der ganzen Welt vorkommende Adlerfarn wird bei halbwegs passenden Bodenverhältnissen rasch vegetationsbestimmend und lässt kaum andere Pflanzen aufkommen.
Er verfügt über drei verschiedene Giftarten.
Gegen Insektenwehrt er sich mit dem Insektenhormon Ecdyson, das in den Zyklus der Insektenentwicklung störend eingreift, da es normalerweise nur in ganz bestimmtenEntwicklungsstadien vorkommen darf.
Gegen Nachbargewächse verteidigt sich der Adlerfarn durch das Ausdünsten von Farnesol, einem Sesquiterpen.
Dieses ist ein lieblichriechender Stoff, den auch manche Blüten verströmen – im Prozess ihres Alterns.
Das Farnesol imitiert nämlich die Wirkung eines Pflanzenhormons, der Abscisinsäure, dieals Alterungshormon oder Stresshormon und als Hormon der Winterruhe bei Pflanzen fungiert und somit die Lebensaktivitäten der Konkurrenzpflanzen stark herunterfährt.Um auch neu auskeimende Pflanzen zu hemmen, enthalten die Blätter des Adlerfarns phenolische, quasi desinfizierende Verbindungen aus der Gruppe der Phenolkörper, wieZimtsäure oder Benzoesäure.
Diese Stoffe werden besonders aus den absterbenden Blättern des Adlerfarns durch Regen ausgewaschen, wenn nicht gar die toten Blätterselbst den Boden bedecken: Die sich nun im Boden anreichernden Phenole hemmen das Keimen anderer Pflanzensamen und somit das Aufkommen unliebsamerKonkurrenten.
9 PFEILGIFTE
Der deutsche Naturforscher Alexander von Humboldt schrieb in das Tagebuch seiner von 1799 bis 1804 unternommenen Südamerikareise: „Im Begriff, meine löchrigenSocken überzustreifen, fiel mir des morgens die plötzliche Ruhe meiner indianischen Begleiter auf.
Meine von den Strapazen der vergangenen Tage geplagten undzerschrundenen Füße betrachtend, erschien meiner Fußbekleidung die gewohnte Unverfänglichkeit zu fehlen.” Misstrauisch geworden untersuchte er seine Socken und fandsie innen mit schwärzlichem Curareextrakt bestrichen.
Hätte er sie angezogen, so wäre er unweigerlich zu Tode gekommen, denn das Curaregift wirkt nicht über den Magen,sondern nur direkt über den Blutkreislauf und damit auch über offene Wunden an den Füßen.
Die südamerikanischen Indianer, deren Ahnen Alexander von Humboldtausrauben wollten, gewinnen dieses Pfeilgift aus dem eingekochten Rindenextrakt von Lianen der Gattungen Strychnos oder Chondrodendron.
Je nach Region und traditioneller Aufbewahrungsart wird Curare als Kalebassen-, Topf-, oder Tubo-Curare (lateinisch tubus: Röhre) bezeichnet, womit gleichzeitig auch eine unterschiedliche, aber immer wirkungsvolle Zusammensetzung des Giftgemischs charakterisiert wird.
Curare wird wegen seiner muskellähmenden Wirkung auch bei Herzoperationenverwendet.
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