Woody Allen - KUNSTLER. Woody Allen, eigentlich Allen Stewart Konigsberg, (*1935), amerikanischer Filmregisseur, Schauspieler, Drehbuchautor und Schriftsteller. Mit seinen hochkarätigen, melancholischen Komödien gehört er seit Ende der sechziger Jahre zu den wichtigsten Regisseuren des amerikanischen Films. Allen wurde am 1. Dezember 1935 im New Yorker Stadtteil Brooklyn geboren und stammt aus einer orthodoxen jüdischen Familie. Im Alter von 15 Jahren begann er, unter dem Pseudonym Woody Allen witzige Glossen für Zeitungen zu schreiben. Danach arbeitete er als Gag-Schreiber für Rundfunk- und Fernsehdarsteller, u. a. für Bob Hope, und schloss sich nach einem abgebrochenen Studium dem Mitarbeiterkreis um den Fernsehkomiker Sid Caesar an. Von 1961 bis 1964 arbeitete er als Komiker in einem Nachtclub, wo er von einem Filmproduzenten entdeckt wurde. Dieser beauftragte ihn mit dem Drehbuch zu dem Spielfilm What's New, Pussycat? (1965; Was gibt's Neues, Pussy?), in dem Allen auch selbst eine Rolle übernahm. 1966 führte er zum ersten Mal Regie bei What's Up, Tiger Lily? Zu dieser Zeit schrieb Allen auch zwei Theaterstücke, die mit großem Erfolg am Broadway aufgeführt wurden: Don't Drink the Water (1966, verfilmt von Howard Morris 1969 und von Woody Allen 1994) und Play It Again, Sam (1969, verfilmt von Allen 1972), eine Parodie auf die Idolisierung Humphrey Bogarts. Es folgten Take the Money and Run (1969; Woody - der Unglücksrabe), eine Parodie auf biographische Dokumentarfilme und sozialkritische Kriminalfilme der dreißiger Jahre, Bananas (1971; Bananas), der Episodenfilm Everything You Always Wanted to Know About Sex but Were Afraid to Ask (1972; Was Sie schon immer über Sex wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten), die Sciencefictionparodie Sleeper (1973; Der Schläfer), Love and Death (1975; Die letzte Nacht des Boris Gruschenko). Eine Wende in Allens OEuvre markierte Annie Hall (1977; Der Stadtneurotiker), der nach dem Frühwerk, das oft noch klamaukartige Komik enthielt, einen reifen Komödienstil einführte. Allen erhielt einen Oscar für den besten Film und die beste Regie, Diane Keaton wurde als beste weibliche Hauptdarstellerin ausgezeichnet. Sie wurde Allens Lebensgefährtin und übernahm weiterhin Hauptrollen in seinen Filmen. In seinen autobiographisch gefärbten Werken schildert Allen mit Witz und Ironie das Alltagsleben von neurotischen Großstadtintellektuellen. Interiors (1978; Innenleben), ein düsteres Psychodrama im Stil des von Allen hoch verehrten schwedischen Regisseurs Ingmar Bergman, brachte ihm zwar eine OscarNominierung ein, das Publikum reagierte jedoch weitgehend mit Unverständnis auf die Hinwendung zum ernsten Fach. Mit Manhattan (1979; Manhattan), einer persönlichen Liebeserklärung an seine Heimatstadt New York, kehrte Allen zur Komödie zurück; er schildert darin in beeindruckender Schwarzweißphotographie und nostalgischmelancholischem Unterton die erotischen Verwicklungen im Leben eines nervösen Fernsehautors. Die stilistisch vom Werk Federico Fellinis beeinflusste Tragikomödie Stardust Memories (1980; Stardust Memories, mit Charlotte Rampling in der weiblichen Hauptrolle), ein sehr persönliches, nachdenkliches Werk, erzählt von den Seelennöten eines erfolgreichen New Yorker Filmregisseurs. In der leichthändig inszenierten, geistreich-eleganten Komödie A Midsummer Night's Sex Comedy (1982; Eine Sommernachts-Sexkomödie) war erstmals Mia Farrow, seine spätere Ehefrau, in der Hauptrolle eines seiner Filme zu sehen. Die experimentierfreudige Arbeit Zelig (1983; Zelig) ist eine Parodie auf den spezifischen Stil konventioneller, biographischer Dokumentarfilme und rekonstruiert den ungewöhnlichen Lebensweg eines ,,menschlichen Chamäleons", eines Mannes, dessen krankhafte Sucht nach Anpassung dazu führt, äußere und innere Eigenschaften der ihn umgebenden Menschen annehmen zu können. Broadway Danny Rose (1984; Broadway Danny Rose) ist eine nostalgische Hommage an die Welt des Varietés und seiner Darsteller. In The Purple Rose of Cairo (1985; The Purple Rose of Cairo), einem intelligenten Vexierspiel mit den Ebenen Schein und Wirklichkeit, wird die Protagonistin im Amerika der Depressionszeit während eines Kinobesuchs in die fiktive Welt der Leinwandhelden versetzt - eine Idee, die bereits Buster Keaton in Sherlock Junior (1924) verwendet hatte. Für Hannah and Her Sisters (1986; Hannah und ihre Schwestern), ein vielschichtiges Psychogramm dreier Schwestern aus einer New Yorker Künstlerfamilie, wurde Woody Allen mit einem Oscar für das beste Drehbuch ausgezeichnet. Es folgten Radio Days (1987; Radio Days), September (1987; September) und Another Woman (1988; Eine andere Frau). Der ernste, grüblerische Film Crimes and Misdemeanors (1989; Verbrechen und andere Kleinigkeiten) beschäftigt sich mit dem Thema Schuld. Auf Alice (1990; Alice), eine Komödie über eine Frau, die nach 16 Ehejahren aus ihrem Alltagsleben ausbricht, und Shadows and Fog (1991; Schatten und Nebel), eine Kriminalkomödie über einen Mann, der ein Verbrechen aufklären will, dabei jedoch selbst in Verdacht gerät, folgte das Ehedrama Husbands and Wives (1992; Ehemänner und Ehefrauen). Manhattan Murder Mystery (1993; Manhattan Murder Mystery) spielt mit den Konventionen des Detektivfilms und verbindet die kriminalistische Handlung parodistisch mit dem Psychogramm eines Ehepaares. Allens Film Bullets Over Broadway (1994; Bullets Over Broadway), eine Persiflage auf den Theaterbetrieb im New York der dreißiger Jahre, hatte großen Erfolg. Wie in einigen anderen Werken des Regisseurs sind ironische Querbezüge auf das Filmemachen und die Filmgeschichte integriert: hier, bereits im Titel erkennbar, auf das Genre des Gangsterfilms und seine spezifische Ausprägung im Amerika der dreißiger Jahre. Auch Mighty Aphrodite (1995; Geliebte Aphrodite) wurde von Kritik und Publikum sehr positiv aufgenommen. Der alternde Stadtneurotiker Lenny Weinrib (Woody Allen) lernt die leibliche Mutter seines hochintelligenten Adoptivsohns kennen, eine ebenso schlichte wie temperamentvolle Prostituierte und Pornodarstellerin (Mira Sorvino), und verfällt ihrem vulgären Charme. Sorvino wurde für ihre brillante Darstellung mit einem Oscar für die beste weibliche Nebenrolle ausgezeichnet. Everyone Says I Love You (1996; Alle sagen: I love you), ein Liebesfilm mit Julia Roberts, spielt ironisch mit den Stilmitteln des Musicals. In Deconstructing Harry (1997; Harry außer sich) widmete sich Allen einmal mehr der Figur des neurotischen New Yorker Intellektuellen, bereicherte diesen Charakter jedoch um Züge, die ihm noch mehr Realitätsnähe und Tiefe verleihen. Celebrity (1998; Celebrity) erzählt die melancholische Geschichte eines 40-jährigen Journalisten und Schriftstellers, der verzweifelt versucht, durch Liebesabenteuer und einen Karrieresprung seinem Leben neue Impulse zu geben, und behandelt auf kritisch-satirische Weise das Thema Berühmtheit in einer medialen Öffentlichkeit. Es spielen Kenneth Branagh, Winona Ryder, Leonardo DiCaprio und Judy Davis. Sweet and Lowdown (1999; Sweet and Lowdown) ist die Lebensgeschichte des fiktiven genialen Jazzgitarristen Emmet Ray, überzeugend verkörpert von Sean Penn. Mit der leicht inszenierten Gaunerkomödie Small Time Crooks (2000; Schmalspurganoven) und dem humorvollen Detektivfilm The Curse of the Jade Scorpion (2001; Im Bann des Jade-Skorpions) knüpfte er an die ersten Jahre seiner Regiekarriere an. Hollywood Ending (2002; Hollywood Ending), eine Komödie über einen alternden Filmregisseur, der aufgrund psychosomatischer Störungen bei seinem Comeback erblindet, kam im deutschsprachigen Raum nur in der Schweiz in die Kinos; als erster Woody-Allen-Film seit Jahrzehnten fand er in Deutschland keinen Verleih. Anything Else (2003; Anything Else) mit Woody Allen in einer prägnanten Nebenrolle ist eine Komödie um einen Gagschreiber und dessen neurotische Beziehung zu einer jungen Frau. Der Film variiert vertraute Motive des OEuvres, gibt sich aber im Vergleich zu früheren Arbeiten unversöhnlich und desillusioniert. In der melancholischen Tragikomödie Melinda and Melinda (2004; Melinda und Melinda) erzählt Allen den gleichen Plot in zweifacher Ausführung, einmal als Tragödie, einmal als Komödie, wobei die Handlungsfäden der Varianten geschickt verflochten werden. Das geradlinig erzählte Aufsteigerdrama Match Point (2005; Match Point), Allens erster im Ausland gedrehter Film und nach Auffassung vieler Kritiker sein bestes Werk seit langer Zeit, wirft einen schonungslosen Blick auf die Lebenswelt der Londoner High Society. Korrumpiert von Wohlstand und Sozialprestige, manövriert sich ein opportunistischer junger Mann in eine ausweglos scheinende Situation, aus der er sich nur durch einen Doppelmord zu befreien weiß. Nach dieser tiefgründigen Arbeit kehrte er mit der erneut in London gedrehten Kriminalgeschichte Scoop (2006; Scoop) zur leichten Komödie zurück. Dabei setzte er die Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Jungstar Scarlett Johansson fort, die den passenden Widerpart zu dem alternden Allen bildet. Woody Allen ist seit den siebziger Jahren einer der wichtigsten Vertreter des internationalen Autorenfilms. Seine meist im Jahresrhythmus veröffentlichten Filme weisen ein konstant hohes künstlerisches Niveau auf und erreichen trotz ihres intellektuellen Anspruchs auch ein Massenpublikum. Allen, der aus seiner Verachtung für die Konventionen des Hollywoodkinos nie einen Hehl machte, gelang im Lauf seiner Regiekarriere eine Perfektionierung und Verfeinerung seines filmischen Stils, der ihn als virtuosen Meister der Komödie ausweist. Thematische Konstanten seines sehr persönlichen, autobiographisch gefärbten Werks sind humorvoll dargestellte Beziehungskonflikte zwischen Mann und Frau sowie die Darstellung des Seelenlebens ängstlicher, von Selbstzweifeln gepeinigter Intellektueller und Künstler, die Woody Allen sehr überzeugend selbst verkörpert. Auch die Parodierung der psychoanalytischen Praxis zieht sich wie ein roter Faden durch sein OEuvre. Dem Regisseur gelingt eine überzeugende Verbindung von Komik und ernsthaftem Drama. Neben seiner Arbeit als Regisseur, Drehbuchautor und Schauspieler veröffentlichte Woody Allen drei Anthologien mit humoristischen Kurzgeschichten: Getting Even (1971), Without Feathers (1976) und Side Effects (1980). Auch in deutscher Sprache erschienen Sammlungen von Kurzgeschichten: Wie du dir, so ich mir (1980), Ohne Leit kein Freud (1981) und Nebenwirkungen (1983). Über den passionierten Jazzklarinettisten Woody Allen, der regelmäßig jeden Montag im New Yorker Michael's Pub auftritt, berichtet Barbara Kopples Wild Man Blues (1998), ein Dokumentarfilm über die Europatournee von Allens New Orleans Jazz Band 1996, der sich jedoch nicht ausschließlich mit dem Hobbymusiker beschäftigt. Als Woody Allen 1994 eine Liaison mit seiner Adoptivtochter Soon-Yi Previn begann und die Ehe mit Mia Farrow geschieden wurde, geriet er auch in die Schlagzeilen der Regenbogenpresse. Verfasst von: Harald Grätz Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.