Devoir de Philosophie

Voltaire: Kandide oder die beste Welt (Sprache & Litteratur).

Publié le 13/06/2013

Extrait du document

voltaire
Voltaire: Kandide oder die beste Welt (Sprache & Litteratur). Mit seinem philosophischen Roman Kandide oder die beste Welt, anonym erschienen 1759, schrieb der französische Schriftsteller und Philosoph Voltaire, führender Repräsentant der Aufklärung, einen Schlüsselroman der Epoche. Das von Pessimismus, Skeptizismus und Zynismus geprägte Werk bietet einen desillusionierten Blick auf die Welt und stellt somit einen Angriff auf Optimismus, Fortschrittsglauben und gottgewollte Ordnung der Welt dar. Voltaire: Kandide oder die beste Welt Wie Kandide, Panglos und Martin wieder nach ihrem Vorwerkchen zurückkehrten, fanden sie einen wakkern Greis in einer Pomeranzlaube vor seiner Thür sizen, um der Kühle zu geniessen. Panglos, der ein eben so neugieriges als disputirsüchtiges Geschöpf war, fragte ihn, wie der ebenerdrosselte Mufti hiesse. Das weis ich nicht, antwortete der ehrliche Alte, ich hab' mein Lebstage nicht gewusst, wie irgend ein Mufti oder ein Wessir heisst; habe kein Sterbenswort von der ganzen Historie gehört. Ich denke all' die politischen Kannengiesser und Pfannenflikker mit dem Maul und in der That reiten gemeiniglich am Ende gar übel an, und's kann ihnen gar nicht schaden. Ich meines Parts erkundige mich niemals, was in Konstantinopel vorgeht, schikke meine selbstgepflanzten Gartenfrüchte h'nein und damit holla! Wie er dies gesagt hatte, führt' er die Fremden in sein Haus; seine beiden Töchter und beiden Söhne sezten ihnen vielerlei selbstverfertigte Sorbets vor. Sie bestanden aus Kaimak, dent man durch eingemachte Cedratschaale, Pomeranzen, Zitronen, Limonien, Ananas, Pistazien einen herben Geschmak gegeben hatte; aus Mokkaschen Kaffee, unvermischt mit dem elenden Batavischen und Insulanischen. Hierauf beräucherten die beiden Töchter des guten Muselmans Kandiden, Panglosen und Martinen die Bärte. Sie müssen ein recht grosses und prächtiges Landgut haben, sagte Kandide zum Türken. Weiter nichts als zwanzig Hufen, antwortete der Alte. Die bau' ich mit meinen Kindern an. Arbeit verscheucht die drei schlimsten Feinde von uns, die Langeweile, das Laster und den Mangel. Kandide behielt diese Rede des Türken, und bewegte sie in seinem Herzen. Ha, sagt' er zum Panglos und Martin, dieser gute Greis scheint sich ein Loos verschaft zu haben, das dem Loose der sechs Könige, mit denen wir die Ehre gehabt zu speisen, weit vorzuziehen ist. Nichts gefährlicher in der Welt als Grösse! sagte Panglos. Hierin stimmen alle Philosophen überein. Denn schlüslich ward Eglon der König der Moabiter durch Ehud gemeuchelmordet; Absalon an den Haaren aufgehängt, und mit drei Spiessen durchstochen; König Nadab, der Sohn Jerobeam, ward durch Baesa getötet; König Ella durch Simri; und König Joram und Ahasja durch Jehu; Königin Athalja durch den Priester Jojada; die Könige Jojakim, Jojachin und Zedekia wurden Sklaven. Ihr wisst das elende Ende vom Krösus, Astyages, Darius, Dionys von Syrakus, Pyrrhus, Perseus, Hannibal, Jugurtha, Ariovist, Cäsar, Pompejus, Nero, Otto, Vitelius, Domitian, Richard dem Zweiten von England, Eduard dem Zweiten, Heinrich dem Sechsten, den drei Richards, Marie Stuart, Karl dem Ersten, den drei Heinrichen von Frankreich, vom Kaiser Heinrich dem Vierten? Ihr wisst - - Ich weis auch, sagte Kandide, daß unser Garten mus angebaut werden. Das haben Sie Recht, sagte Panglos; denn wie Gott den Menschen in den Garten Eden sezte, sezte er ihn deshalb hinein, ut operaretur eum, daß er ihn bebaute. Der beste Beweis, daß der Mensch nicht zur Ruhe geschaffen ist. Lasst uns arbeiten, ohne alle Vernünfteleien, sagte Martin. Das ist das einzige Mittel, sich das Leben erträglich zu machen. Dies lobenswürdige Vorhaben unterstüzte die kleine Gesellschaft thätig. Das kleine Gütchen trug viel ein. Kunigunde war grundhäslich, wusste aber ganz trefliche Pasteten zu bakken; Trudchen stikte und nähte; die Alte besorgte die Wäsche. Sogar Bruder Viola blieb kein unnüzes Rad am Wagen; er wurde ein sehr guter Tischer, ja sogar ein rechtschafner Mann. Und Panglos sagte manchmal zum Kandide: Jegliche Begebenheit im menschlichen Leben gehört in die Kette der Dinge. Denn wären Sie nicht Barones Kunegundens halber mit derben Fustritten aus dem schönsten aller Schlösser gejagt, von der Inquisition nicht eingezogen worden, hätten Sie nicht Amerika zu Fusse durchwandert, dem Herrn Baron nicht einen tüchtigen Stos mit dem Degen versezt, nicht all' ihre Hämmel aus dem guten Lande Eldorado eingebüsst, so würden Sie jezt nicht hier eingemachten Cedrat und Pistazien essen. Gut gesagt! recht gut! sagte Kandide, allein wir müssen unsern Garten bearbeiten. Voltaire: Kandide oder die beste Welt. Berlin 1785, S. 220-224. Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.

Liens utiles