Vernunft Vernunft, als philosophischer Begriff das Vermögen, Phänomene nicht nur für sich genommen zu verstehen, sondern im universellen Zusammenhang zu begreifen.
Publié le 17/06/2013
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Vernunft Vernunft, als philosophischer Begriff das Vermögen, Phänomene nicht nur für sich genommen zu verstehen, sondern im universellen Zusammenhang zu begreifen. Der neuzeitliche philosophische Vernunftbegriff ist wesentlich in der Philosophie des deutschen Idealismus (Ende des 18. bis Mitte des 19. Jahrhunderts) geprägt worden. Im allgemeinen Sinne kann Vernunft als Inbegriff des menschlichen Erkenntnisvermögens verstanden werden. Das Zentrum der philosophischen Reflexion der Vernunft bildet die kritische Philosophie Immanuel Kants. Kant unterscheidet zwischen theoretischer und praktischer Vernunft. Die theoretische Vernunft bezieht sich auf die Erkenntnis der Gegenstände der Erfahrung. Ihr Anwendungsfeld ist unsere Erkenntnis der sinnlich erfahrbaren Realität, d. h. der außermenschlichen Natur. Insofern fällt der Bereich der theoretischen Vernunft mit dem Gegenstandsbereich der Naturwissenschaften zusammen. Die praktische Vernunft bezieht sich hingegen auf den Bereich des menschlichen Handelns. Mit den Prinzipien und Formen der theoretischen Vernunft setzt Kant sich in der Kritik der reinen Vernunft (1781) auseinander. Hier entwirft er den Grundriss seiner Transzendentalphilosophie und unternimmt eine Analyse der Strukturen und Funktionsweisen sowie insbesondere der Bedingungen und Grenzen der allgemeinen menschlichen Erkenntnisfähigkeit. Dabei geht es ihm vor allem darum, die konstitutiven Prinzipien der Vernunft herauszuarbeiten, d. h. die Bedingungen der Möglichkeit unseres Wissens und unserer Erfahrung aufzuhellen. Kants Vorgehensweise besteht darin, auf dem Wege der kritischen, reflexiven Untersuchung des Vernunftgebrauchs, d. h. mittels einer Untersuchung der Art und Weise, wie wir vermöge der Vernunft die Realität erkennen, die grundsätzlichen Bedingungen von Erfahrung und Erkenntnis zu analysieren. Das Attribut ,,rein" bedeutet, dass sich die Untersuchung des Vernunftgebrauchs nicht auf die jeweils konkrete Erfahrung der Realität, sondern auf die Bedingungen der Möglichkeit jeglicher Erfahrung richtet. Damit sind diejenigen Funktionen und Formen gemeint, die in der Vernunft selbst begründet und (weil sie jeder Erkenntnis der Wirklichkeit vorausgehen) unabhängig sind von der konkreten Erfahrung. Die Vernunft nimmt in dieser Untersuchung daher eine doppelte Rolle ein: Sie ist der Gegenstand von Analyse und Kritik, und sie ist zugleich das Instrument der Kritik. Damit wird die Vernunft bei Kant zur Richterin in eigener Sache. Die Vernunft soll in der Kritik der reinen Vernunft über ihre eigenen Möglichkeiten und Grenzen Rechenschaft ablegen. In diesem weiteren Sinne versteht Kant Vernunft auch als ,,das Vermögen der Erkenntnis aus Prinzipien". Innerhalb dieses allgemeinen Begriffs der theoretischen Vernunft unterscheidet er aber weiterhin zwischen Vernunft im engeren Sinne und Verstand. Der Verstand ist das Vermögen durch die Tätigkeit des Urteilens die ,,Gegenstände der Erfahrung" zu erkennen. Dabei bedient sich der Verstand erfahrungsunabhängiger (a priorischer) Prinzipien, die Kant als Kategorien oder reine Verstandesbegriffe bezeichnet. Den Kategorien entsprechen logische Urteilsformen oder genauer Urteilsfunktionen. Durch das Zusammenwirken der Kategorien mit den Formen der Anschauung Raum und Zeit kommt die Erkenntnis der Realität zustande (die allerdings auf den Bereich der Erscheinungen beschränkt ist und nicht die Dinge erkennt, wie sie an sich beschaffen sind). Die Prinzipien des Verstands sind konstitutiv, d. h., dass sie aus dem Denken selbst entspringen und insofern die Bedingungen und Voraussetzungen für unsere Erfahrung der Realität darstellen. Dagegen versteht Kant unter Vernunft im engeren Sinne ein Vermögen, das anders als der Verstand nicht konstitutiv auf die Realität bezogen ist, sondern über die Erfahrung hinausgeht. Die Vernunft befindet sich nämlich, Kant zufolge, in einer ganz besonderen Situation, die darin besteht, dass die menschliche Vernunft ,,durch Fragen belästigt wird, die sie nicht abweisen kann, denn sie sind ihr durch die Natur der Vernunft selbst aufgegeben, die sie aber auch nicht beantworten kann, denn sie übersteigen alles Vermögen der menschlichen Vernunft". Die Vernunft verfügt daher auch über Begriffe, die sich im Unterschied zu den Verstandesbegriffen nicht direkt (konstitutiv) auf die Erkenntnis der Realität (der Gegenstände der Erfahrung) beziehen. Kant nennt die Begriffe Gott, Freiheit und Unsterblichkeit und bezeichnet sie als Vernunftbegriffe oder auch als transzendentale Ideen. Transzendental heißt, dass diese Ideen über die Möglichkeit der Erfahrungserkenntnis hinausgehen und daher die Grenzen unserer Erfahrung überschreiten. Diese Ideen können daher von der Vernunft nur regulativ verwendet werden, d. h., dass sie als Orientierungsmaßstäbe unseres Erkennens fungieren. Verfasst von: Jörg Hardy Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.
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