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Uwe Johnson (Sprache & Litteratur).

Publié le 12/06/2013

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Uwe Johnson (Sprache & Litteratur). 1 EINLEITUNG Uwe Johnson (1934-1984), Schriftsteller. Aufgrund der Ost-West-Thematik einiger seiner Romane gilt er als ,,Dichter der beiden Deutschland". Zudem schuf er mit seinem vierbändigen Jahrhundertwerk Jahrestage. Aus dem Leben der Gesine Cresspahl (1970-1983) den wichtigsten Romanzyklus der deutschsprachigen Nachkriegsliteratur. Johnson wurde am 20. Juli 1934 in Cammin bei Stettin (Pommern, heute Polen) geboren und wuchs in Anklam an der Peene auf. Von 1952 bis 1954 studierte er Germanistik in Rostock, von 1954 bis 1956 dann in Leipzig. In Leipzig war u. a. Hans Mayer sein Lehrer, der schon frühzeitig Johnsons schriftstellerisches Talent erkannte. Das während dieser Zeit entstandene Romandebüt Ingrid Babendererde. Reifeprüfung 1953 (posthum 1985) allerdings lehnten ostdeutsche Verlage ebenso wie der Suhrkamp-Verlag, späterer Hausverlag des Autors, ab. Wegen seiner politischen Grundeinstellung wurde Johnson, der sein Studium mit einer Arbeit über Ernst Barlachs Der gestohlene Mond abgeschlossen hatte, nicht in den Staatsdienst der DDR übernommen. Nach entbehrungsreichen Jahren am Rand des Existenzminimums - in dieser Zeit entstand u. a. eine Übersetzung von Hermann Melvilles Israel Potter - übersiedelte der Autor 1959 in einer von ihm als ,,Umzug" bezeichneten Aktion nach Westberlin (er überquerte die deutsch-deutsche Grenze mit der Stadtbahn), wo er schon bald Kontakt zur Gruppe 47 bekam. Im gleichen Jahr erschien bei Suhrkamp der Roman Mutmaßungen über Jakob, der 1960 mit dem Fontane-Preis ausgezeichnet wurde. Es folgten Reisen in die USA (1961 und 1965) sowie ein Stipendiumsaufenthalt in der Villa Massimo in Rom (1962). Zwischen 1966 und 1968 lebte Johnson in New York, eine Erfahrung, die sich nachhaltig in den Jahrestagen niederschlug. Seinen Lebensunterhalt bestritt er als Schulbuchlektor eines amerikanischen Verlages und durch Fördergelder der Rockefeller Foundation. Die Aufnahme in das PEN-Zentrum der Bundesrepublik sowie in die Westberliner Akademie der Wissenschaften 1969 dokumentierten das wachsende Renommee des Schriftstellers im deutschsprachigen Raum; ein Jahr später kam der erste Band der Jahrestage heraus. 1974 verließ Johnson Deutschland endgültig und ließ sich auf der Themse-Insel Sheerness-on-Sea nieder. 1977 wurde er Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Eine umfassende und imposante Darstellung seines dichterischen Selbstverständnisses gelang Johnson in der 1979 gehaltenen Frankfurter Poetikvorlesung Begleitumstände. 1981 erschien mit Skizze eines Verunglückten ein Prosatext zum 70. Geburtstag von Max Frisch, der ebenso wie Johnson immer wieder die Problematik einer Identitätsfindung und -verweigerung seiner Figuren im Umfeld vorgefasster Meinungen und Bilder aufgeworfen hatte (der Autor lektorierte zudem Frischs Roman Montauk). Johnson starb in der Nacht vom 23. zum 24. Februar 1984 in Sheerness. Ein Jahr zuvor, nach einer über ein Jahrzehnt andauernden ,,Schreibhemmung", war der Abschlussband der Jahrestage erschienen. Neben anderen Auszeichnungen wie dem Wilhelm-Raabe-Preis (1975), dem Thomas-Mann-Preis (1978) und dem Literaturpreis der Stadt Köln (1983) erhielt der Autor 1971 den Georg-Büchner-Preis. Eine tiefe Freundschaft verband Johnson u. a. mit Günter Grass und Ingeborg Bachmann: Letzterer setzte er mit dem Nekrolog Eine Reise nach Klagenfurt 1974 ein literarisches Denkmal. Der vom Nordkurier und der Mecklenburgischen Literaturgesellschaft verliehene und mit 25 000 DM dotierte Uwe-Johnson-Preis wird alle zwei Jahre an deutschsprachige Autoren vergeben, in deren Schaffen sich Bezugspunkte zu Johnsons Poetik finden oder die einen deutsch-deutschen Erfahrungshintergrund berücksichtigen. 1997 ging er an Marcel Beyer. 1996 sorgte das Buch Uwe Johnsons Testamente oder Wie der Suhrkamp-Verlag Erbe wird des Germanisten Werner Gotzmann für eine Feuilletondebatte über die Glaubwürdigkeit des Autors bzw. seines Verlegers Siegfried Unseld. Gotzmann unterstellte Johnson, hinsichtlich seiner Schreibhemmungen vor Abschluss des vierten Bandes der Jahrestage bewusst die Unwahrheit gesagt zu haben (der Autor hatte behauptet, er habe aufgrund des außerehelichen Verhältnisses seiner Frau mit einem Angehörigen des tschechischen Geheimdienstes jahrelang nicht mehr schreiben können). Darüber hinaus habe Unseld, so Gotzmann, von Johnson eine Testamentsänderung nahezu erpresst, die dem Suhrkamp-Verlag die Urheberrechte sichern sollte. 2 WERK Beeinflusst vom polyperspektivischen Erzählen der Moderne, namentlich von James Joyce und William Faulkner, experimentierte Johnson in seinen Romanen mit Ausdrucksformen, Erzählhaltungen und Zeitebenen, wobei er das Geschehen zumeist unkommentiert und damit für Interpretationen offenließ. Dabei unterwanderte er bereits in Mutmaßungen über Jakob die Regelübereinkunft einer korrekten Interpunktion, Syntax und Grammatik, was ihm den Vorwurf Kasimir Edschmids einbrachte, ,,schlechtes Deutsch" zu schreiben. Ausgangspunkt der Mutmaßungen ist der plötzliche Tod des Dresdner Reichsbahnbeamten Jakob Abs unter den Rädern einer Eisenbahn, der in einem polyphonen Stimmengewirr von Freunden, Verwandten und Beobachtern retrospektiv beleuchtet wird. Diesen steht gleichberechtigt eine Erzählinstanz bei, die über das Geschehene nicht mehr zu wissen vorgibt als die Figuren selbst. Im Roman tritt die Suche nach der tatsächlichen Ursache des Todesfalls (war es politischer Mord, Selbstmord oder Unfall?) immer mehr hinter den poetologischen Wunsch zurück, eine als undurchdringlich begriffene Realität sprachlich exakt abzubilden, eine ,,Wirklichkeit, die vergangen ist, wiederherzustellen" - und ihr dennoch ihre Undurchdringlichkeit zu belassen. Deshalb sind die Monologe der Figuren, die das Unerwartete erklären sollen, in Form einer Zitatcollage aneinandergereiht, ist der Fließtext durch ungewohnte Stilmanöver bewusst sperrig gemacht. Der Rezipient wird zum Komplizen, der im Akt des Lesens eine mögliche ,,Version" der Realität erst rekonstruieren muss (,,Wozu taugt der Roman? Er ist ein Angebot. Sie bekommen eine Version der Wirklichkeit"; Berliner Stadtbahn, 1961). Mutmaßungen über Jakob fixiert diese Möglichkeit zur Sinnkonstruktion im Bild der Eisenbahnweiche, die den jeweils ,,richtigen" Weg erst gewährt. Zur Romaninterpretation greift der von der Literaturkritik immer wieder heraufbeschworene Ansatz einer Ost-West-Thematik viel zu kurz. (Ihm hatte der Autor mit seiner Rede von den zwei nebeneinanderstehenden, keine Wahrheit mehr zulassenden deutsch-deutschen ,,Informationssystemen" gleichwohl Vorschub geleistet). Dennoch entwirft auch Mutmaßungen über Jakob ein differenziertes, mit autobiographischen Elementen durchwobenes Bild des Alltags in der DDR. Eine den Mutmaßungen ähnliche Intention polyphonen Erzählens verfolgt auch Johnsons Roman Das dritte Buch über Achim (1961). Hier spielt ,,die Grenze: der Unterschied: die Entfernung" zwischen ost- und westdeutschen Realitäten eine wesentlich wichtigere Rolle. Das dritte Buch über Achim handelt vom Versuch des Hamburger Sportreporters Karsch, dem DDR-Radrennprofi Achim nachzuspüren, um die politische Dimension seines Lebens aufzudecken (zwei andere Bücher hatten bisher lediglich seine sportliche Existenz beleuchtet, worauf der Titel sich bezieht). Nachdem zahlreiche Versionen einer Biographie am Widerstand von Parteifunktionären sowie am Einspruch Achims selbst gescheitert sind, kehrt Karsch enttäuscht nach Hamburg zurück: Die wahre Identität des Sportlers hat sich im Netz miteinander konkurrierender Positionen und Meinungen aufgelöst. In Zwei Ansichten (1965) griff Johnson das Thema einer durch Systemzwänge und moderne Wirklichkeitsstrukturen nicht mehr auffindbaren ,,Wahrheit" wieder auf, diesmal allerdings in einer weniger komplexen literarischen Gestaltung: Während es in Mutmaßungen über Jakob um den schwierigen Versuch gegangen sei, ,,den Lebenslauf eines Toten und die Ereignisse vor seinem Sterben zusammenzufinden aus Vermutungen, Behauptungen und knappen Zeugenberichten", und im Dritten Buch über Achim um die Darstellung eines Lebenslaufs ,,gleichzeitig mit den Hindernissen, ihn zu beschreiben", führte Johnson in den Begleitumständen aus, habe er in Zwei Ansichten eine Geschichte schildern wollen, die einfaches Erzählen verlange: ,,Hier sind es in der Hauptsache nur zwei Personen, deren Aufenthaltsorte, Handlungen, Auffassungen und Entschlüsse streng auseinandergehalten werden." Bei seiner Forderung einer Form-Inhalt-Dialektik erweist sich Johnson auch als Schüler Bertolt Brechts. Weitere Veröffentlichungen des Autors sind Karsch und andere Prosa (1964) und Berliner Sachen (1975). Posthum erschienen 1988 die Erzählungen Versuch einen Vater zu finden und Marthas Ferien. Sie wurden nach Tonbandaufnahmen des Johnson-Experten Norbert Mecklenburg zusammengestellt. 2.1 Jahrestage (1970-1983) Im Mittelpunkt des Werks von Uwe Johnson steht sein vierbändiges, nahezu 2 000 Seiten umfassendes Opus Magnum Jahrestage. Aus dem Leben der Gesine Cresspahl (1970-1983), mit dem der Autor das Personal früherer Werke wieder aufrief und den bedeutendsten Romanzyklus der deutschen Nachkriegsliteratur ablieferte. Anhand von Zeitungszitaten (Quelle ist die New York Times), Bewusstseins-Stenogrammen, Tonbandaufzeichnungen (,,für wenn ich tot bin") und Dialogen der Hauptfigur mit ihrer Tochter Marie sowie dem Heer der Toten beschreiben die Jahrestage ein Jahr im Leben der Gesine Cresspahl, das sich vom 20. August 1967 bis zum Ende des Prager Frühlings erstreckt. Letztlich aber geht es in den Jahrestagen um die durch den Einmarsch russischer Truppen in die Tschechoslowakei am 21. August 1968 scheinbar negativ beantwortete Frage, ob ein demokratisch geprägter ,,Sozialismus mit menschlichem Antlitz" real überhaupt zu verwirklichen sei. Von New York aus beobachtet Gesine über Massenmedien indirekt das Zeitgeschehen (Vietnamkrieg, Rassenproblematik, die Ermordung John F. Kennedys und Martin Luther Kings etc.), bewertet es aus humanistisch-moralischer Perspektive und entwirft zugleich retrospektiv ihre eigene Lebensgeschichte, die mit der Beschreibung der Eltern bis weit hinter die Mutmaßungen über Jakob zurückreicht (die Mutmaßungen hatten nach der Flucht Gesines aus der DDR eingesetzt). Ihr zunächst nur auf die eigene stumpfsinnige Büroarbeit gemünzter Versuch, mittels der Zeitungslektüre ,,Leben nachzuholen", gewinnt so eine doppelt neue - biographische und politische - Bedeutung. Auch in den Jahrestagen hat Johnson den Figuren einen distanziert-objektiven Beobachter zur Seite gestellt, der das polyphon Geschilderte scheinbar nur ordnet, ohne es zu kommentieren, und gleichzeitig, durch seine Identifikation mit dem Autor, als Dialogpartner ironisch relativiert erscheint (,,Wer erzählt hier eigentlich, Gesine. Wir beide. Das hörst Du doch, Johnson"). Dabei stehen Exaktheit und sprachliche Präzision - dies demonstriert bereits eindringlich die Eingangssequenz des ersten Bandes - im Mittelpunkt der Darstellung (Fahrtwege innerhalb New Yorks etwa rekonstruierte der Autor mit der Stoppuhr). Auch die Kapiteleinteilung nach Datumsangaben legt von diesem Schreibprogramm Johnsons beredtes Zeugnis ab. Somit entsteht die collageartige, zwischen amerikanischer Großstadt und mecklenburgischer Provinz hin- und herpendelnde Chronik eines geschichtlich vielfältigen Zeitabschnitts, dessen Deutung letztlich wiederum dem kundig-interessierten Leser obliegt. Johnson selbst hat 1978 anlässlich einer Lesereise eine Einführung in die ,Jahrestage' vorgelegt, die seine Intentionen einigermaßen anschaulich werden lässt. Im von Hans Magnus Enzensberger herausgegebenen Kursbuch und in der Neuen Rundschau erschienen nach 1967 zudem einige Briefe und Aufsätze, die als eine Art Vorstufe des Romanzyklus gelesen werden können (Ein Brief aus New York, 1967, Ein Teil von New York, 1969). In einer Suhrkamp information stellte Johnson den Jahrestagen 1972 zudem ein fiktives Interview seiner Romanfiguren Gesine und Marie Cresspahl bei. Verfasst von: Thomas Köster Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.

« Frühlings erstreckt.

Letztlich aber geht es in den Jahrestagen um die durch den Einmarsch russischer Truppen in die Tschechoslowakei am 21.

August 1968 scheinbar negativ beantwortete Frage, ob ein demokratisch geprägter „Sozialismus mit menschlichem Antlitz” real überhaupt zu verwirklichen sei.

Von New York aus beobachtetGesine über Massenmedien indirekt das Zeitgeschehen (Vietnamkrieg, Rassenproblematik, die Ermordung John F.

Kennedys und Martin Luther Kings etc.), bewertet es aushumanistisch-moralischer Perspektive und entwirft zugleich retrospektiv ihre eigene Lebensgeschichte, die mit der Beschreibung der Eltern bis weit hinter die Mutmaßungen über Jakob zurückreicht (die Mutmaßungen hatten nach der Flucht Gesines aus der DDR eingesetzt).

Ihr zunächst nur auf die eigene stumpfsinnige Büroarbeit gemünzter Versuch, mittels der Zeitungslektüre „Leben nachzuholen”, gewinnt so eine doppelt neue – biographische und politische – Bedeutung. Auch in den Jahrestagen hat Johnson den Figuren einen distanziert-objektiven Beobachter zur Seite gestellt, der das polyphon Geschilderte scheinbar nur ordnet, ohne es zu kommentieren, und gleichzeitig, durch seine Identifikation mit dem Autor, als Dialogpartner ironisch relativiert erscheint („Wer erzählt hier eigentlich, Gesine.

Wir beide.Das hörst Du doch, Johnson”).

Dabei stehen Exaktheit und sprachliche Präzision – dies demonstriert bereits eindringlich die Eingangssequenz des ersten Bandes – imMittelpunkt der Darstellung (Fahrtwege innerhalb New Yorks etwa rekonstruierte der Autor mit der Stoppuhr).

Auch die Kapiteleinteilung nach Datumsangaben legt vondiesem Schreibprogramm Johnsons beredtes Zeugnis ab.

Somit entsteht die collageartige, zwischen amerikanischer Großstadt und mecklenburgischer Provinz hin- undherpendelnde Chronik eines geschichtlich vielfältigen Zeitabschnitts, dessen Deutung letztlich wiederum dem kundig-interessierten Leser obliegt.

Johnson selbst hat 1978anlässlich einer Lesereise eine Einführung in die ,Jahrestage’ vorgelegt, die seine Intentionen einigermaßen anschaulich werden lässt.

Im von Hans Magnus Enzensberger herausgegebenen Kursbuch und in der Neuen Rundschau erschienen nach 1967 zudem einige Briefe und Aufsätze, die als eine Art Vorstufe des Romanzyklus gelesen werden können ( Ein Brief aus New York, 1967, Ein Teil von New York, 1969).

In einer Suhrkamp information stellte Johnson den Jahrestagen 1972 zudem ein fiktives Interview seiner Romanfiguren Gesine und Marie Cresspahl bei. Verfasst von:Thomas KösterMicrosoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation.

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