Sagen des klassischen Altertums: Herakles - Anthologie.
Publié le 17/06/2013
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Sagen des klassischen Altertums: Herakles - Anthologie. Der deutsche Schriftsteller Gustav Schwab, Mitglied des spätromantischen Schwäbischen Dichterkreises um Ludwig Uhland und Justinus Kerner, war vorwiegend als Lyriker produktiv. Doch während sein literarisches Schaffen weitgehend in Vergessenheit geraten ist, fanden seine Nacherzählungen klassischer antiker Sagen weite Verbreitung und werden weiterhin gedruckt. Schwabs Nachdichtungen mythologischer Stoffe wurden in drei Bänden (1838-1840) unter dem Titel Die schönsten Sagen des klassischen Altertums publiziert. Der Quellentext präsentiert eine Episode aus den Heldentaten des Herkules (auch Herakles), dessen Mut und Stärke sprichwörtlich wurden. Sagen des klassischen Altertums: Herakles Herakles im Gigantenkampf Der Held fand bald eine Gelegenheit, den Göttern für so große Auszeichnungen einen glänzenden Dank abzustatten. Die Giganten, Riesen mit schrecklichen Gesichtern, langen Haaren und Bärten, geschuppten Drachenschwänzen statt der Füße, Ungeheuer, welche die Gaia, oder Erde, dem Uranos, dem Himmel, geboren, wurden von ihrer Mutter gegen Zeus, den neuen Weltbeherrscher, aufgewiegelt, weil dieser ihre älteren Söhne, die Titanen, in den Tartaros verstoßen hatte. Sie brachen aus dem Erebos (der Unterwelt) auf dem weiten Gefilde von Phlegra in Thessalien hervor. Aus Furcht vor ihrem Anblick erblaßten die Gestirne und Phöbos drehte den Sonnenwagen um. ,,Gehet hin, und rächet mich und die alten Götterkinder", sprach die Mutter Erde. ,,An Prometheus frißt der Adler, an Tityos zehrt der Geier, Atlas muß den Himmel tragen, die Titanen liegen in Banden. Gehet, rächet, rettet sie! Braucht meine eigenen Glieder, die Berge, zu Stufen, zu Waffen! Ersteiget die gestirnten Burgen! Du, Typhoeus, reiß dem Gewaltherrscher Szepter und Blitz aus der Hand; Enkelados, du bemächtige dich des Meeres und verjage den Poseidon! Rhoitos soll dem Sonnengott die Zügel entreißen, Porphyrion das Orakel zu Delphi erobern!" Die Riesen jubelten bei diesen Worten auf, als hätten sie den Sieg schon errungen, als schleppten sie schon den Poseidon oder den Ares im Triumph daher, und zerrten den Apollo am herrlichen Lockenhaar; der eine nannte schon Aphrodite sein Weib, ein anderer wollte Artemis, ein dritter Athene freien. So zogen sie den thessalischen Bergen zu, um von dort aus den Himmel zu stürmen. Indessen rief Iris, die Götterbotin, alle Himmlischen zusammen, alle Götter, die in Wasser und Flüssen wohnen; selbst die Manen aus der Unterwelt beschwor sie herauf; Persephone verließ ihr schattiges Reich, und ihr Gemahl, der König der Schweigenden, fuhr mit seinen lichtscheuen Rossen zum strahlenden Olympos empor. Wie in einer belagerten Stadt die Bewohner von allen Seiten zusammenlaufen, ihre Burg zu schirmen, so kamen die vielgestalteten Gottheiten am Vaterherd zusammen. ,,Versammelte Götter", redete sie Zeus an, ,,ihr seht, wie die Mutter Erde mit einer neuen Brut sich gegen uns verschworen hat. Auf, und sendet ihr so viel Leichen hinunter, wie sie uns Söhne heraufschickt!" Als der Göttervater geendet, ertönte die Wetterposaune vom Himmel, und Gaia drunten antwortete mit einem donnernden Erdbeben. Die Natur geriet in Verwirrung, wie bei der ersten Schöpfung, denn die Giganten rissen einen Berg nach dem anderen aus seinen Wurzeln, schleppten den Ossa, den Pelion, den Öta, den Athos herbei, brachen das Rhodopegebirge mit der Hälfte des Hebrosquelles ab, und auf dieser Leiter von Gebirgen zum Göttersitz emporgeklommen, fingen sie an, mit Feuerbränden von Eichen und ungeheueren Felsenstücken den Olymp zu stürmen. Nun war den Göttern ein Orakelspruch erteilt worden, daß von den Himmlischen keiner der Giganten vernichtet werden könnte, und diese nur dann sterben würden, wenn ein Sterblicher mitkämpfte. Gaia hatte dies in Erfahrung gebracht, und suchte deswegen nach einem Mittel, das ihre Söhne auch gegenüber von Sterblichen unverletzlich machte. Und es war wirklich ein solches Kraut gewachsen, aber Zeus kam ihr zuvor; er verbot der Morgenröte, dem Mond und der Sonne, zu scheinen, und während Gaia in der Finsternis herumsuchte, schnitt er die Kräuter eilig selbst ab und ließ seinen Sohn Herakles durch Athene zur Teilnahme am Kampf auffordern. Auf dem Olympos war inzwischen der Streit schon entbrannt. Ares hatte seinen Kriegswagen mit den wiehernden Rossen mitten in die dichteste Schar der heranstürzenden Feinde gelenkt. Sein goldener Schild brannte heller als Feuer, schimmernd flatterte die Mähne seines Helmes. Im Kampfgetümmel durchbohrte er den Giganten Peloreus, dessen Füße zwei lebendige Schlangen waren. Dann fuhr er über die sich krümmenden Glieder des Gefallenen zermalmend mit seinem Wagen hin; aber erst bei des sterblichen Herakles Anblick, der eben die letzte Stufe des Olymps erstiegen hatte, hauchte das Ungeheuer seine drei Seelen aus. Herakles sah sich auf dem Schlachtfeld um, und erkor sich ein Ziel seines Bogens: sein Pfeilschuß streckte den Alkyoneus nieder, der alsbald in die Tiefe stürzte, aber sobald er seinen Heimatboden berührt hatte, sich mit erneuter Lebenskraft wieder erhob. Auf den Rat der Athene stieg auch Herakles hinab und schleppte ihn über die Grenze seines Geburtslandes hinaus; und sowie der Riese auf fremder Erde angekommen war, entfuhr ihm der Atem. Jetzt ging der Gigant Porphyrion in drohender Stellung auf Herakles und Hera zugleich los, um einzeln mit ihnen zu kämpfen. Aber Zeus flößte ihm schnell ein Verlangen ein, das himmlische Antlitz der Göttin zu schauen, und während er an Heras umhüllendem Schleier zerrte, traf ihn Zeus mit dem Donner, und Herakles tötete ihn vollends mit seinem Pfeil. Bald rannte aus der Schlachtreihe der Giganten Ephialtes mit funkelnden Riesenaugen hervor. ,,Das sind helle Zielscheiben für unsere Pfeile!" sprach lachend Herakles zu dem neben ihm kämpfenden Phöbos Apollo, und nun schoß ihm der Gott das linke, und der Halbgott das rechte Auge aus dem Kopf. Den Eurytos schlug Dionysos mit seinem Thyrsosstab nieder: ein Hagel glühender Eisenschlacken aus Hephästs Hand warf den Klytios zu Boden; auf den fliehenden Enkelados schleuderte Pallas Athene die Insel Sizilien; der Riese Polybotes, von Poseidon übers Meer verfolgt, flüchtete sich nach Kos, aber der Meergott riß ein Stück dieser Insel ab, und bedeckte ihn damit. Hermes, den Helm des Hades auf dem Kopf, erschlug den Hippolytos, zwei andere trafen der Moiren eherne Keulen. Die übrigen schmetterte Zeus mit seinem Donner nieder, und Herakles erschoß sie mit seinen Pfeilen. Für diese Tat wurde dem Halbgott hohe Gunst von den Himmlischen zuteil. Zeus nannte diejenigen unter den Göttern, welche den Kampf mit ausfechten geholfen, Olympier, um durch diesen Ehrennamen die Tapferen von den Feigen zu unterscheiden. Dieser Benennung würdigte er nun auch zwei Söhne sterblicher Weiber, den Dionysos und den Herakles. Gustav Schwab: Sagen des klassischen Altertums. Erlangen 1997, S. 132ff. Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.
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