Lesen und Schreiben 1 EINLEITUNG Lesen und Schreiben, zentrale Kulturtechnik jeder höher entwickelten Gesellschaft, die dem Informations- und Wissenstransfer dient und damit die unentbehrliche Grundlage jeglicher Ausbildung und Bildung ist.
Publié le 17/06/2013
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5.1 Vorbereitungsphase
In der Vorbereitungsphase erwerben Kinder in der Regel bestimmte Fähigkeiten, die dem systematischen Leseunterricht vorausgehen.
Indem sie Sprechen lernen, werdensie mit den Bezeichnungen der Buchstaben vertraut und erfahren, dass gesprochene Wörter aus verschiedenen Lauten bestehen und dass Buchstaben diese Lauterepräsentieren können.
Eltern können hier hilfreich sein, indem sie ihren Kindern vorlesen und sie so mit der Schriftsprache vertraut machen, sie auf Wörter und Buchstabenhinweisen und ihnen deutlich machen, dass mit den Wörtern in einem Buch eine Geschichte erzählt wird oder Informationen vermittelt werden.
Abzählreime und Spiele mitWörtern können die Vorbereitung unterstützen.
Wenn sie mit der Sprache spielen, hilft dies den Kindern, auf die Laute der Wörter ebenso zu achten wie auf derenBedeutung.
Kinder lernen noch mehr über die geschriebene Sprache.
Schon in jüngeren Jahren können sie die Schrift ihrer eigenen Sprache von der anderer unterscheiden, erkennenSymbole wieder und „lesen” ihnen vertraute Bücher.
Es ist erwiesen, dass dies frühe „Lesen” zum späteren Leseerfolg beiträgt.
5.2 Anfang des Lesens
Kinder lernen zuerst die Schreibweise ihnen bekannter gesprochener Wörter.
Nach der Ganzheitsmethode lernen die Schüler zunächst, ganze Wörter wiederzuerkennen, wobei der Sinn des Textes im Vordergrund steht.
Lautiermethoden beginnen mit der Lautlehre, lehren also, welche Buchstaben welche Laute wiedergeben.
Dabei wird Wert darauf gelegt, dass die Schüler lernen, Wörter selbständig zu erkennen.
Heute arbeitet man meist mit einer Kombination beider Methoden: Die Schüler sollen also sowohlWörter als auch Laute erkennen lernen.
Ergebnisse aus über 60 Jahren Forschung zeigen, dass eine frühe Unterrichtung in der Lautlehre zu guten Leseleistungen führt,insbesondere in den ersten Schuljahren.
Zu Beginn des Leseunterrichts lesen die Kinder Geschichten und Texte mit einfachen Wörtern, die sie schon aus der gesprochenen Sprache kennen.
Mit zunehmender Übunglesen die meisten Kinder immer flüssiger und mit mehr Verständnis.
Sind die Leistungsniveaus in einer Klasse sehr unterschiedlich, kann man die Schüler inLeistungsgruppen unterrichten oder durch Einzelunterricht, um der unterschiedlichen Lesefähigkeit der Schüler gerecht zu werden.
5.3 Entwicklung der Lesefähigkeit
In der nächsten Phase werden nicht mehr bekannte Geschichten gelesen, vielmehr liegt der Schwerpunkt jetzt auf schwierigeren Texten, die Vorstellungen und Meinungenenthalten, die dem Kind unbekannt sind.
In dieser Phase geht man zum lautlosen Lesen über, und Techniken des Wissenserwerbs treten in den Vordergrund.
DieserÜbergang vom Lesenlernen zum Lesen, um zu lernen, ist besonders wichtig, weil die Schüler nun auf ihre Lesefähigkeit angewiesen sind, um sich auf bestimmten Gebietenwie z.
B.
in Sozialkunde, den Naturwissenschaften oder in anderen Fächern Wissen anzueignen.
Dieser Übergang ist für einige Schüler schwierig, deren Lesefähigkeit sichnun vielleicht langsamer entwickelt als in den ersten Schuljahren.
Von manchen Pädagogen wird das Leseverständnis als Komplex mehrerer Teilfähigkeiten verstanden, wie z.
B.
Wortbedeutungen auf den Kontext zu beziehen, denHauptgedanken herauszufinden, implizierte, aber nicht ausdrücklich formulierte Informationen zu erschließen und zwischen Tatsacheninformation und Meinung zuunterscheiden.
Nach dem heutigen Stand der Forschung lassen sich mehr als 350 Teilfähigkeiten unterscheiden, die man beherrschen muss, um lesen zu können.
Im Zug der weiterführenden und höheren Bildung werden die Texte abstrakter und umfassen ein größeres und fachbezogeneres Vokabular.
In dieser Phase muss derLernende nicht nur neue Informationen aufnehmen, sondern auch den Text kritisch analysieren und sich „abhängig von der Schwierigkeit des Textes und dem Zweck derLektüre” eine optimale Lesegeschwindigkeit aneignen.
5.4 Ausbau der Lesefähigkeit
Lernende, die bereits im Lesen fortgeschritten sind, können ihre Lesefähigkeit durch die Wortkunde weiter verbessern.
Dazu gehört auch der Gebrauch eines Wörterbuches,die Beschäftigung mit dem Wortaufbau und die Fähigkeit, die Bedeutung eines Wortes aus dem Zusammenhang zu erschließen.
Auch indem man auf unbekannte Wörterachtet, kann man seinen Wortschatz erweitern.
Da kompetente Leser über die Fähigkeit verfügen müssen, einen Text unterschiedlich schnell lesen zu können, ist es nützlich, geübt darin zu sein, Texte zu überfliegen, umspezielle Informationen herauszulesen.
Effektive Lernmethoden sind wichtig, um sich in unterschiedlichsten Bereichen Wissen aneignen zu können.
Eine nützliche Lerntechnik ist das Exzerpieren, mit dem man sich einen Überblick über die Hauptaussagen und die Einzelheiten eines Textes verschafft.
5.5 Bedeutung der Lesefähigkeit
Die Lesefähigkeit trägt ihren Wert natürlich in sich, hat aber auch ökonomische Auswirkungen.
Erwachsene Leser, die besser lesen als der Durchschnitt, üben mit größererWahrscheinlichkeit gutbezahlte Berufe aus.
Die wachsende Spezialisierung in der Gesellschaft erfordert mehr Bildung, eine Forderung, die vor allem an die Schulen gerichtetwird.
In der Wirtschaft und in der Industrie wie im täglichen Leben sind gute Lese- und Schreibkenntnisse erforderlich, um beispielsweise den Lohnsteuerjahresausgleichausfüllen zu können oder die „Zeitung lesen” zu können.
Durch die erhöhten Anforderungen an das Bildungsniveau, die heute in den westlichen Gesellschaften gestelltwerden, ist die Lesefähigkeit des Einzelnen immer wichtiger geworden.
In Entwicklungsländern wird durch Alphabetisierungs- und Leselern-Programme für Erwachsene versucht, den Alphabetisierungsgrad der Bevölkerung zu erhöhen.
Beifunktionalem Analphabetismus wird besonders das Entziffern und Erkennen der Wörter vermittelt, ähnlich wie in der Grundschule, jedoch mit Materialien, die für Erwachsene besser geeignet sind.
Programme, die eine Ebene höher ansetzen, vermitteln besonders die Fähigkeit, neue Informationen aufzunehmen sowie beruflichbenötigte Lese- und Rechtschreibfähigkeiten zu vermitteln.
Fortgeschrittenen-Programme betonen die Entwicklung differenzierter Lesefähigkeiten.
Wie wichtig die Lesefähigkeit ist, zeigt auch die Zunahme von Alphabetisierungskampagnen in noch nicht entwickelten Ländern, beispielsweise in Brasilien und Nicaragua.Bei diesen Kampagnen werden in der Regel junge Menschen in einem nationalen Programm in ländliche Gebiete geschickt, um Analphabeten das Lesen und Schreibenbeizubringen.
Lange unterschätzt wurde der weit verbreitete funktionale Analphabetismus in den Industrieländern, der auf unerkannte Versäumnisse im Bildungswesenhinweist.
Da Betroffene ihr diesbezügliches Defizit oft geschickt zu verbergen wissen, muss mit einer hohen Dunkelziffer gerechnet werden.
Ein gesondertes Problem stelltdie angeborene Lese- und Rechtschreibschwäche (Legasthenie) dar, die entgegen einem weit verbreiteten Vorurteil keine Rückschlüsse auf die allgemeine Intelligenzzulässt; ehemalige Legastheniker arbeiten oft erfolgreich in qualifizierten Berufen, haben hierbei jedoch ebenfalls das (zumindest subjektiv empfundene) Problem, ihreSchwäche verbergen zu müssen.
Die Rolle moderner Massenmedien und Zerstreuungsmöglichkeiten bei der Entwicklung der Leselust und -fähigkeit wird in der Öffentlichkeit (mit einemkulturpessimistischen Unterton) anhaltend diskutiert, ohne dass eindeutige wissenschaftliche Ergebnisse einen endgültigen Standpunkt hierzu erlauben.
In diesemZusammenhang ist auch die Befürchtung eines information gap zu sehen, der darin besteht, dass Menschen aus unterschiedlichen sozialen und Bildungsschichten die ausufernden Informationsangebote (z.
B.
des Internets) nicht in gleicher Weise zu nutzen vermögen und eine extreme Ausdifferenzierung zwischen einer wissenden (sprich:lesenden) Elite und einer „unwissenden” (durch die Unterhaltungselektronik sedierten) Masse stattfindet.
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