Kroatien - geographie. 1 EINLEITUNG Kroatien (kroatisch Hrvatska), Republik in Südosteuropa, auf der Balkanhalbinsel, grenzt im Nordwesten an Slowenien, im Nordosten an Ungarn, im Osten an Serbien, im Süden an Bosnien und Herzegowina und Montenegro und im Westen an das Adriatische Meer. Als Teilrepublik der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien erklärte Kroatien am 25. Juni 1991 seine Unabhängigkeit. Die Fläche Kroatiens beträgt 56 510 Quadratkilometer. Die Hauptstadt der jungen Republik ist Zagreb. 2 LAND Kroatien erstreckt sich von Nordwesten nach Südosten über etwa 500 Kilometer, von Südwesten nach Nordosten über rund 300 Kilometer. Kroatien ist naturräumlich sehr vielfältig; das Land umfasst Tiefebenen, Mittelgebirge, eine etwa 1 800 Kilometer lange festländische Küste und ihr vorgelagerte Inseln. Die pannonischen Tiefebenen nehmen etwa die Hälfte des Landes ein. Die fruchtbaren, landwirtschaftlich genutzten Gebiete werden von den Flüssen Drau (Drava) und Save entwässert. Die Save bildet den östlichen Abschnitt der Grenze zu Bosnien und Herzegowina. Beide Flüsse münden in die Donau, eine der wichtigsten Wasserstraßen Europas, welche im Osten Kroatiens die Grenze zu Serbien und Montenegro bildet. Das historische Gebiet Slawonien liegt im östlichen Teil der Republik Kroatien, im so genannten Save-DrauZwischenstromland. Dieses Gebiet wird von Hügellandschaften eingenommen. Zwischen den einzelnen Hügelketten sind Ebenen ausgebildet. Das nach Westen anschließende Gebirge ist aus Kalken aufgebaut. Aufgrund der hohen Wasserlöslichkeit dieses Gesteins sind weite Teile des Dinarischen Gebirges durch Verkarstung geprägt. Mehrere Wasserläufe versickern und fließen in unterirdischen Höhlensystemen weiter. Das Gebirge setzt sich aus mehreren parallelen Bergketten zusammen. In dieser Region befindet sich der Nationalpark der Plitvicer Seen. Höchste Erhebung der Gebirgsregion, die etwa 20 Prozent des kroatischen Territoriums einnimmt, ist der Troglav mit einer Höhe von1 913 Metern; über ihn verläuft die Grenze zu Bosnien und Herzegowina. Zur adriatischen Region gehören etwa 30 Prozent der Landesfläche. Diese Region reicht von der Halbinsel Istrien im Norden bis zur (montenegrinischen) Bucht von Kotor. Von der Küste bis zum Dinarischen Gebirge erstreckt sich entlang des Adriatischen Meeres die Landschaft Dalmatien. Die dalmatinische Küste ist über weite Strecken eine typische Canaliküste. Die Täler der in das Adriatische Meer mündenden Flüsse wurden durch nacheiszeitlichen Anstieg des Meeresspiegels überflutet. Die Steilküste erhielt somit ihr abwechslungsreiches Landschaftsbild. Der Küste vorgelagert sind zahlreiche Inseln. Größte dieser Inseln sind mit jeweils etwas mehr als 400 Quadratkilometern Krk und Cres. 2.1 Klima Im Landesinneren herrscht kontinentales Klima mit heißen Sommern und kalten Wintern vor. Die mittleren Monatstemperaturen liegen im Sommer um 23 °C, im Winter um den Gefrierpunkt. Im Nordosten Kroatiens liegen die Jahresniederschläge um 700 Millimeter. Wesentlich feuchter ist es an der adriatischen Küste; dort ist das Klima mediterran mit milden, regnerischen Wintern (Januarmittel um 7 °C) und warmen, trockenen und sehr sonnigen Sommern (Julimittel um 24 °C). Am regenreichsten sind die küstennahen Gebirge mit Jahresniederschlägen von bis zu 3 000 Millimetern. Die mittleren Temperaturen liegen in Zagreb im Januar bei 0 °C und im Juli bei 24 °C, in Dubrovnik betragen die Werte im Januar 9 °C und im Juli 25 °C. 2.2 Flora und Fauna 6,5 Prozent (2007) des Landes sind als Parks oder Schutzgebiete ausgewiesen. Teile des Savetals stehen als Biosphärenreservat unter besonderem Schutz. In der adriatischen Region gedeiht mediterrane Vegetation, weit verbreitet sind Zedern, Zypressen, Pinien und Agaven. Die verkarsteten Gebiete sind durch Macchie geprägt. Nach weitgehender Abholzung der ehemals waldbedeckten Flächen konnte sich die ursprüngliche Vegetation hier nicht mehr entwickeln. Dennoch sind 37,8 Prozent (2005) des Landes bewaldet. Im Dinarischen Gebirge sind in den Tieflagen verschiedene Eichenarten vorherrschend. Mit zunehmender Höhe werden diese von Buchen und Nadelhölzern abgelöst. Im Zwischenstromland zwischen Save und Drau wurde der Wald zur Ausweitung der Agrarflächen abgeholzt. In gebirgigen Regionen leben die großen Raubtiere Braunbär, Wolf, Goldschakal und Luchs. Bei Mljet gibt es ein Vorkommen des zu den Schleichkatzen gehörenden Ichneumons, der hier wahrscheinlich eingebürgert wurde. Paarhufer sind durch Wildschweine, Rehe und Mufflons repräsentiert. Zu den Greifvögeln gehören Gänsegeier sowie Stein- und Schlangenadler; große Vogelarten der Feuchtgebiete sind Sichler und etliche Reiherarten (Grau-, Nacht-, Purpur-, Silber-, Rallen- und Seidenreiher). Die Küstenregion bietet zahlreichen Reptilien wie Schildkröten (Land-, Sumpf- und Meeresschildkröten), Eidechsen, Geckos und Schlangen (Nattern, Ottern) geeigneten Lebensraum. Typische Bewohner der unterirdischen Höhlen der verkarsteten Gebiete sind Grottenolme. 3 BEVÖLKERUNG Die Einwohnerzahl Kroatiens beträgt etwa 4,49 Millionen (2008). Die Bevölkerungsdichte liegt bei 80 Einwohnern je Quadratkilometer. Am dichtesten besiedelt sind die Küstengebiete und die pannonische Region. Stärkste ethnische Gruppe sind mit einem Anteil von 78 Prozent die Kroaten; etwa 12 Prozent sind Serben. Die Serben in der Krajina (in Zentral- und Westkroatien) wurden nach der Eroberung des Gebiets durch kroatische Truppen im August 1995 weitgehend vertrieben. Außerdem leben Bosnier, Ungarn, Slowenen, Tschechen, Italiener, Albaner sowie Sinti und Roma im Land. In den vergangenen Jahren gab es in Kroatien zum Teil massive Flüchtlingsbewegungen, die zu Veränderungen der Bevölkerungsanteile führten. Das durchschnittliche Bevölkerungswachstum beträgt -0,04 Prozent im Jahr (2008). Die Lebenserwartung liegt für Männer bei 71,5 Jahren und für Frauen bei 79 Jahren (2008). 3.1 Wichtige Städte 60 Prozent der Bevölkerung leben in Städten (2005). Die größten Städte sind Zagreb, das bedeutendste Industriezentrum der Republik mit etwa 688 000 Einwohnern, Split (174 000) und Rijeka (143 000), zwei wichtige Seehäfen, sowie das Industriezentrum Osijek (91 000). Weitere Städte sind u. a. Zadar, Pula, Karlovac, Slavonaki Brod, Dubrovnik und Sisak. 3.2 Sprache und Religion Amtssprache in Kroatien ist Kroatisch, das wie Serbisch und Slowenisch zur südlichen Gruppe der slawischen Sprachen gehört und im Gegensatz zum Serbischen in lateinischer Schrift geschrieben wird. Gemäß dem Abkommen von Novi Sad aus dem Jahr 1954 war Serbokroatisch zu einer Sprache mit zwei Schriften erklärt worden; diese Vereinbarung wurde jedoch im Zuge der Unabhängigkeitsbestrebungen Kroatiens nach Ausbruch des Krieges aufgekündigt. Minderheiten sprechen Serbisch, Slowenisch und Ungarisch. Die Mehrheit der Kroaten gehören der römisch-katholischen Kirche an. Die Serben bekennen sich zum serbisch-orthodoxen Glauben. Daneben gibt es protestantische und muslimische Minderheiten. Seit dem Ende der kommunistischen Ära gewinnt die katholische Kirche wieder verstärkt gesellschaftlichen und politischen Einfluss. 3.2.1 Feiertage Zu den offiziellen Feiertagen gehören Neujahr (1. Januar), 1. Mai, der Unabhängigkeitstag (25. Juni), Mariä Himmelfahrt (15. August), Allerheiligen (1. November) und Weihnachten (25. und 26. Dezember). Die orthodoxen Christen feiern Weihnachten am 7. Januar und erhalten dafür einen bezahlten Feiertag. 3.3 Soziales Das vom Staat subventionierte Gesundheitssystem steht allen Bürgern des Landes zur Verfügung. Die medizinische Versorgung der Bevölkerung ist ausreichend. Grundsätzlich führten die Folgen der Kriegshandlungen jedoch zu einer Verschlechterung der sozialen Lage der Bewohner des Landes. Die Arbeitslosenquote beträgt 11,2 Prozent (2006). Auf einen Arzt kommen 405 Einwohner (2006). 4 BILDUNG UND KULTUR Die Ausbildung an den Vor-, Primar- und weiterbildenden Schulen ist allen Bewohnern des Landes zugänglich. Es herrscht eine Schulpflicht von 8 Jahren. Aufgrund der jahrzehntelangen Förderung des Bildungssystems konnte der Alphabetisierungsgrad auf 98,7 Prozent (2005) gesteigert werden. Die Republik verfügt über 61 höhere Bildungseinrichtungen, darunter die Universitäten in Zagreb (gegründet 1669, eine der ältesten in Europa), Split (gegründet 1974), Rijeka (gegründet 1973) und Osijek (gegründet 1975) sowie drei polytechnische Hochschulen. Das kulturelle Erbe Kroatiens ist durch die Hinterlassenschaften der vielen Völker, die hier lebten, überaus reich. Der Diokletianpalast in Split zählt zu den größten Anlagen der römischen Antike. Auch die Bauwerke der Altstadt von Dubrovnik sind Zeugnisse der wechselvollen Geschichte der Stadt. 5 VERWALTUNG UND POLITIK Am 22. Dezember 1990 verabschiedete Kroatien, das zu diesem Zeitpunkt noch eine Teilrepublik der Volksrepublik Jugoslawien war, eine neue Verfassung, die Kroatien in eine parlamentarische Demokratie mit starker Stellung des Präsidenten umgestaltete. 2000/2001 wurde die Verfassung in einigen Punkten reformiert, u. a. wurde die zweite Parlamentskammer abgeschafft, die Befugnisse des Präsidenten etwas beschnitten und die Provinzen und Kommunen gegenüber der Zentralregierung gestärkt. Die Verfassung garantiert die Menschenrechte, darunter das Recht ethnischer Minderheiten auf kulturelle Autonomie. 1992 wurde Kroatien Vollmitglied der Vereinten Nationen (UN) und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und 1996 des Europarates. Nationalfeiertag ist der 25. Juni, an dem die Unabhängigkeit gefeiert wird. 5.1 Exekutive Staatsoberhaupt ist der Präsident, der für eine Amtszeit von fünf Jahren direkt vom Volk gewählt wird. Der Präsident setzt die Parlamentswahlen an und ernennt die Minister und den Ministerpräsidenten als Chef der Regierung. 5.2 Legislative Das kroatische Parlament (Hrvatski sabor) ist seit der Verfassungsreform von 2000/2001 ein Einkammerparlament (davor ein Zweikammerparlament, bestehend aus Repräsentantenhaus und Kammer der Komitate). Es umfasst maximal 160 Sitze, von denen acht für nationale Minderheiten und vier für Auslandskroaten reserviert sind; die Abgeordneten werden jeweils für vier Jahre gewählt. Alle Bürger ab dem 18. Lebensjahr sind wahlberechtigt. 5.3 Judikative Der Oberste Gerichtshof ist die höchste juristische Instanz Kroatiens. Die Richter werden auf Empfehlung des Parlaments von einem Richterrat ernannt. Außerdem gibt es ein Verfassungsgericht und mehrere Straf- und Zivilgerichte sowie Berufungsgerichte. 5.4 Kommunalverwaltung Kroatien ist in 20 Provinzen (?upanija) und die besondere Verwaltungseinheit Zagreb gegliedert, die sich wiederum in fast 550 Kommunen untergliedern. Durch die 2001 eingeleitete Verwaltungsreform wird die kommunale Selbstverwaltung zugunsten einer Dezentralisierung des Landes sukzessive ausgebaut. 5.5 Politische Parteien Zu den größten Parteien Kroatiens zählen die Kroatische Demokratische Gemeinschaft (HDZ), die Kroatische Sozialliberale Partei (HSLS), die Sozialdemokratische Partei (SDP), die Kroatische Bauernpartei (HSS), die Kroatische Volkspartei (HNS), die Istrische Demokratische Versammlung (IDS) und die Kroatische Partei des Rechts (HSP). 5.6 Verteidigung Für Männer besteht Wehrpflicht; der Grundwehrdienst dauert sechs Monate. Die Streitkräfte umfassen 20 800 Soldaten (2004); rund 90 Prozent davon sind beim Heer im Einsatz. Die Einheiten der bewaffneten Militärpolizei sind 40 000 Mann stark. Die Ausgaben für das Militär betragen 596 Millionen US-Dollar (2003). 6 WIRTSCHAFT Kroatien war eine der wohlhabendsten der sechs Teilrepubliken der Volksrepublik Jugoslawien. Hier wurden Ende der achtziger Jahre, als die Bestrebungen zur staatlichen Unabhängigkeit forciert wurden, Schätzungen zufolge etwa 25 Prozent des Bruttoinlandsprodukts des gesamten Landes erwirtschaftet. Die kroatische Volkswirtschaft war strukturell relativ ausgewogen, verzeichnete jedoch schon vor Einsetzen der Kriegshandlungen (Mitte 1991) Produktionseinbrüche. 1990 gingen 500 Staatsbetriebe bankrott, 1991 sank im ersten Quartal die Produktion im Vergleich zum Vorjahr um 12 Prozent. Nach dem Ausbruch des Krieges im Juni 1991 begann die Talfahrt der kroatischen Wirtschaft. 1990 lag das Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei 5 205 US-Dollar pro Kopf; damit lag Kroatien weit über dem Durchschnitt der einzelnen jugoslawischen Teilrepubliken. Bis 1992 war das BIP fast auf die Hälfte zurückgegangen, stieg danach aber wieder an. Die Kosten für die Aufnahme von mehr als 630 000 Flüchtlingen beliefen sich Ende 1992 auf etwa 50 Millionen US-Dollar pro Monat. Dies entspricht etwa einem Fünftel der gesamten Staatsausgaben. Die Kämpfe hielten 1992 an und eskalierten im Januar 1993, als kroatische Truppen versuchten, von den Serben besetzte Gebiete zurückzuerobern. Ende 1993 begann sich die Wirtschaft allmählich zu erholen. Im Januar trat die Republik dem Internationalen Währungsfonds und im April der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (Weltbank) bei. Bis zum Ende des Jahres hatte die Regierung ein Rücklagevermögen in Devisen von 1,5 Milliarden US-Dollar angesammelt und im Rahmen eines Wirtschaftsreformprogramms die meisten Betriebe des Landes privatisiert. Nach der Dürre von 1992 gelang es, die landwirtschaftliche Produktion um 20 Prozent zu steigern. Die durch die Kriegshandlungen verursachten Schäden belaufen sich nach Schätzungen auf über 20 Milliarden US-Dollar. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) liegt bei 42 925 Millionen US-Dollar (2006; Dienstleistungen 60,9 Prozent, Industrie 31,6 Prozent, Landwirtschaft 7,4 Prozent); daraus errechnet sich ein BIP pro Einwohner von 9 665,10 US-Dollar und eine Wachstumsrate von 4,80 Prozent (2006). Die Staatsverschuldung beträgt 3 662 Millionen US-Dollar (1995; ohne die Schulden des ehemaligen Jugoslawien). Die Inflationsrate erreicht einen Wert von 3,5 Prozent (1996). 17 Prozent der Erwerbstätigen sind in der Landwirtschaft beschäftigt, 29 Prozent in der Industrie und 54 Prozent im Dienstleistungssektor. 6.1 Landwirtschaft Fast zwei Drittel der Fläche werden agrarisch genutzt. Vor allem die fruchtbaren Böden im Save-Drau-Zwischenstromland werden intensiv kultiviert. Zu den wichtigsten landwirtschaftlichen Produkten gehören Zuckerrüben, Kartoffeln, Weizen und Mais. In klimatisch begünstigten Lagen werden auch einige Sonderkulturen angebaut, vor allem Wein und Obst. Entlang dem südlichsten Küstenabschnitt werden bei Tabak und Zitrusfrüchten hohe Ernteerträge erzielt. In der Viehhaltung dominieren Rinder-, Schaf- und Schweinezucht. In den küstennahen Gewässern des Adriatischen Meeres ist der Fischfang eine wichtige Einkommensquelle. 6.2 Bergbau Kroatien ist reich an Bodenschätzen. Vor Ausbruch des Krieges 1991 war die Bergbauindustrie einer der bedeutendsten Arbeitgeber. Erdgas, Erdöl, Steinkohle, Braunkohle, Bauxit, Eisenerz und Porzellanerde (Kaolin) gehören zu den wichtigsten Rohstoffquellen Kroatiens. In manchen Regionen gibt es Vorkommen von Calcium, Naturasphalt, Kieselerde, Glimmer und Salz. Darüber hinaus werden Graphit und Baumaterialien (vor allem Gips) abgebaut. 6.3 Industrie Vorherrschende Industriebetriebe sind Erdölraffinerien, Eisen- und Stahlwerke, Schiffswerften, Chemieunternehmen und Produktionsstätten für Nahrungsmittel, Maschinen, Zement und Beton, Metallwaren und Textilien. Die ehemals bedeutende Bergbauindustrie verzeichnet seit einigen Jahren Rückgänge in der Produktion. Viele der Industriebetriebe Kroatiens wurden 1991 bei den Kämpfen zerstört oder beschädigt. Der Wiederaufbau der Anlagen bindet viele finanzielle Mittel und verhindert eine weitere Entwicklung in einigen anderen Produktionsbereichen. Zu Beginn der Auseinandersetzungen mit Serbien ging ab Mitte 1991 die Industrieproduktion massiv zurück. Ab 1993 verzeichnete die kroatische Wirtschaft Zuwachsraten, und bis 1996 konnten in den meisten Branchen erhebliche Produktivitätssteigerungen verzeichnet werden. 6.4 Währung Zur Bekämpfung der galoppierenden Inflation ersetzte im Mai 1994 der Kuna (zu 100 Lipa) den kroatischen Dinar (der im Dezember 1991 an die Stelle des jugoslawischen Dinar getreten war) als Landeswährung der Republik. Der Name ,,Kuna" geht auf die Landeswährung zur Regierungszeit des faschistischen Ustascha-Regimes während des 2. Weltkrieges von 1941 bis 1945 zurück. Diese Wahl des Namens führte zu Protesten der Serben, Juden sowie Sinti und Roma. 6.5 Außenhandel Vor Ausbruch des Krieges lag das Exportvolumen Kroatiens bei etwa 2,9 Milliarden US-Dollar. Das Handelsdefizit stieg 1991 dramatisch an, und der Außenhandel erholte sich nach 1992 nur geringfügig. Die Summe der Ausfuhrgüter beträgt 8 022 Millionen US-Dollar (1996), die für Einfuhrgüter 16 583 Millionen US-Dollar. Die Handelsbilanz ist negativ. Die wichtigsten Ausfuhrprodukte sind chemische Erzeugnisse, Maschinen und Fahrzeuge, Textilien und Nahrungsmittel. Importiert werden vor allem Brennstoffe, Konsumgüter, Maschinen und Fahrzeuge sowie Baumaterialien. Zu den bedeutendsten Handelspartnern Kroatiens gehören Deutschland, Italien, Slowenien, Österreich, Großbritannien und die GUS-Staaten. 6.6 Verkehrswesen Große Teile der Infrastruktur wurden während des Bürgerkrieges zerstört. 1992 betrug die Länge des Straßennetzes etwa 27 500 Kilometer (darunter 350 Kilometer Autobahn). Das Schienennetz hat eine Länge von 2 726 Kilometern (2005). Mit großen Anstrengungen konnten die beschädigten Verkehrswege wieder repariert und in Betrieb genommen werden. Es gibt acht internationale Flughäfen; die wichtigsten sind in Zagreb und Dubrovnik. Die Küstenstädte Rijeka und Split verfügen über die bedeutendsten Seehäfen. 6.7 Tourismus Der Krieg setzte auch dem einst profitablen Fremdenverkehr der Republik, der Ende der achtziger Jahre mehr als 80 Prozent des gesamten Fremdenverkehrsaufkommens Jugoslawiens ausmachte, ein Ende. Nach dem Ende der Konflikte nahm der Tourismus nur langsam zu. Mittlerweile verzeichnen Istrien und die dalmatinische Küste sowie einige Inseln ansteigende Besucherzahlen. 6.8 Energie Zu den wichtigen Energiequellen Kroatiens gehören das vor der Küste geförderte Erdöl, Kohle und der Atomreaktor Kr?ko. Letzterer befindet sich auf slowenischem Gebiet, versorgt aber auch Kroatien mit Strom. Das steile Gefälle mancher Gebirgsflüsse wird in Wasserkraftwerken genutzt. 7 GESCHICHTE Die Geschichte dieser südosteuropäischen Region bzw. des Balkans ist geprägt von jahrhundertelanger Fremdherrschaft und dem Bemühen, dauerhafte gesamtstaatliche Einheiten zu bilden, um die Völker dieser Region zu befrieden und zu einigen. Neben Bosnien und Herzegowina, Mazedonien, Montenegro, Serbien und Slowenien (sowie die Provinzen Kosovo und Vojvodina) war auch Kroatien eine der Teilrepubliken des ehemaligen Jugoslawien, das seit 1918 existierte, seit 1929 diesen Namen trug und sich seit 1991 wieder auflöste (vergleiche auch die Entstehungsgeschichte von Serbien und Montenegro). 7.1 Frühgeschichte bis zum 19. Jahrhundert Etwa um 1 000 v. Chr. kamen Illyrer und Thraker in die Region des heutigen Kroatien. Ab dem 7. Jahrhundert v. Chr. entstand eine griechische Kolonie, ab 229 v. Chr. eroberten die Römer das Gebiet, das aber erst 10 n. Chr. vollständig besetzt war. Vom 1. bis zum 4. Jahrhundert n. Chr. gehörte das Gebiet zur römischen Provinz Pannonien. Durch den Zerfall des Römischen Reiches kam Dalmatien 395 zum Weströmischen Reich. Das asiatische Nomadenvolk der Awaren eroberte die Region im 6. Jahrhundert. Sie wurden Anfang des 7. Jahrhunderts von den einwandernden Kroaten, einem südslawischen Volk, das aus dem dinarischen Binnenland kam, vertrieben, die sich wiederum von 641 bis 800 der byzantinischen Herrschaft unterwerfen mussten. In der Folgezeit bis etwa Mitte des 9. Jahrhunderts kontrollierten die Franken die Region, die später in die Herzogtümer Kroatien und Slawonien aufgeteilt wurde. Es entstand, parallel zur Christianisierung, die von Aquileia aus betrieben wurde, ein erstes kroatisches Staatswesen. 925 entstand das unabhängige Königreich Kroatien unter Tomislaw, der sich zum König krönen ließ. Es bestand bis Ende des 11. Jahrhunderts. Nach dem Tod Stefans II. 1098 fiel das Reich an Ungarn, konnte aber als ,,Dreieiniges Königreich" Dalmatien-Kroatien-Slawonien eine gewisse Selbständigkeit bewahren. 1409 gelangte Venedig in den Besitz der dalmatischen Küste und konnte seine Herrschaft bis 1797 an der Adria auch behaupten. 1493 kam es zur ersten Niederlage gegen die Türken, und durch die Niederlage der Ungarn in der Schlacht bei Mohács (1526) kamen weite Teile des Territoriums unter die Herrschaft des Osmanischen Reiches. Venedig konnte als Handelsmacht jedoch weiterhin Besatzungen an der Küste halten. Im Kampf gegen die Türken suchten die Ungarn und Kroatien Unterstützung bei den Habsburgern. Die Türken wurden 1699 geschlagen, und Kroatien sowie das Gebiet zwischen Drau und Save (Königreich Slawonien) fielen nun an die Habsburger und gehörte damit wieder zu Ungarn. Beide Königreiche wurden als Nebenländer der ungarischen Krone verwaltet. Es entstand eine Pufferzone in dieser slawonisch-kroatischen Region als eine Art ,,Vorposten" gegen die osmanische Expansion. In einem breiten Gürtel von der Adria bis nach Ungarn siedelte man Wehrbauern an, denen in diesem Grenzland (Krajina) Sonderrechte und eine gewisse Autonomie zuerkannt worden waren. Fünf Jahre, zwischen 1809 und 1814, gehörte das kroatische Gebiet südlich der Save zu den illyrischen Provinzen des napoleonischen Frankreich. Trotz wiederholter nationaler Erhebungen seit 1839 gegen die Fremdherrschaft blieb Kroatien bis zur Ungarischen Revolution (1848/49) ein autonomes Königreich, das zum Habsburgerreich gehörte. 1867 entstand die Doppelmonarchie Österreich-Ungarn, Kroatien wurde im folgenden Jahr der ungarischen Krone unterstellt. 1881 schloss sich Kroatien offiziell mit Slawonien zusammen. 7.2 1. Weltkrieg Im 1. Weltkrieg kämpften Kroaten und Serben größtenteils gemeinsam mit dem Ziel, ein vereinigtes Königreich aller südslawischen Völker zu errichten. Mit dem Ende der Habsburgermonarchie nach dem 1. Weltkrieg (1914-1918) endete die Verbindung Kroatiens mit Österreich-Ungarn. Am 1. Dezember 1918 wurde Kroatien Teil des unabhängigen ,,Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen" mit König Alexander I. an der Spitze, der das Königreich 1929 in Jugoslawien (,,Land der Südslawen") umbenannte. Die ethnischen Spannungen zwischen Kroaten und Serben blieben virulent: Die Kroaten fühlten sich Westeuropa zugehörig, die Serben verfolgten die Idee eines großserbischen Reiches. Die serbisch-kroatische Rivalität belastete das Königreich Jugoslawien. 1934 wurde König Alexander von einem kroatischen Extremisten ermordet. Die faschistische Ustascha-Bewegung fand bei der unzufriedenen kroatischen Landbevölkerung immer mehr Unterstützung. 1939 wurde ein Gebiet abgegrenzt, das den Namen Kroatien erhielt und annähernd den heutigen Grenzen der Republik entspricht. 7.3 2. Weltkrieg Nach dem Einmarsch deutscher und italienischer Truppen in Jugoslawien 1941 während des 2. Weltkrieges gründete Ante Paveli?, der Führer der faschistischen Ustascha, den ,,Unabhängigen Staat Kroatien", der jedoch weitgehend von den Achsenmächten Deutschland und Italien abhängig war. Einwohner nichtkroatischer Abstammung wurden mit Terror verfolgt, Tausende von Serben, Juden, Roma und kroatischen Regimegegnern wurden ermordet. Die antifaschistischen Partisanen unter der Führung von Josip Broz Tito bekämpften das von Italien gestützte Ustascha-Regime, das 1944 zusammenbrach. Nach Kriegsende versuchte Tito, die verschiedenen Teile Jugoslawiens auszusöhnen, und errichtete die Föderative Volksrepublik Jugoslawien, mit Kroatien, das durch den Friedensvertrag mit Italien (1947) um einen Großteil Istriens erweitert worden war, als einer ihrer Teilrepubliken. Nationalistische Bestrebungen der Kroaten wurden von der jugoslawischen Zentralregierung teils durch die Ausgestaltung des föderativen Systems beruhigt, teils mit Gewalt unterdrückt. 7.4 Unabhängigkeit Nach Titos Tod 1980 nahmen die Spannungen zwischen Kroatien und der von Serben dominierten jugoslawischen Regierung zu. Ende der achtziger Jahre hatten sich aus den Bestrebungen nach mehr Autonomie Forderungen nach der Unabhängigkeit von Jugoslawien entwickelt. Kroatische Dissidenten, wie Franjo Tudjman, der an der Seite Titos gegen das Ustascha-Regime gekämpft hatte, erlangten bei der kroatischen Bevölkerung großen Zuspruch. Nachdem die geschwächte jugoslawische Regierung ein Mehrparteiensystem zugelassen hatte, gründete Tudjman 1990 die Kroatische Demokratische Gemeinschaft (HDZ), die bald den Charakter einer Volkspartei annahm. Seine Forderung nach einem größeren Kroatien löste bei den kroatischen Serben Proteste aus, doch die HDZ gewann bei den Wahlen die Mehrheit der Parlamentssitze, und Tudjman wurde zum Präsidenten gewählt. Er versuchte anfangs, Befürchtungen der Serben zu beschwichtigen, indem er Zugeständnisse machte, wie die Ernennung eines serbischen Vizepräsidenten. Die serbische Bevölkerung wurde jedoch zunehmend ausgegrenzt. In der von Serben dominierten Region Krajina organisierten sich die Serben und forderten ein Referendum über die Autonomie der vorwiegend von Serben bewohnten Gebiete. Die überwältigende Mehrheit der Serben sprach sich für eine Autonomie aus, und die von Serben dominierten Gebiete begannen, Autonomieerklärungen zu verabschieden. Bis Dezember hatten drei Gebiete ihre Autonomie ausgerufen: Krajina, Ostslawonien und Westslawonien. Die ersten beiden Regionen wurden hauptsächlich von Serben bewohnt, Westslawonien überwiegend von Kroaten. Tudjmans Regierung erkannte die autonomen Gebiete nicht an. Als sich die Kroaten im Juni 1991 dafür aussprachen, sich von Jugoslawien zu lösen und ihre Unabhängigkeit zu erklären, stellte sich die serbische Minderheit von 600 000 Einwohnern gegen diesen Entscheid und forderte den Verbleib innerhalb der jugoslawischen Republik oder einen Anschluss an einen ,,großserbischen" Staat. Ab März 1991 kam es immer häufiger zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den verfeindeten Volksgruppen, die sich bald zu einem Bürgerkrieg ausweiteten. Ende 1991 hatten die Serben, mit der Unterstützung der von Serben dominierten Jugoslawischen Volksarmee (JVA), fast ein Drittel des Territoriums unter ihrer Kontrolle. Im Dezember waren sowohl die Europäische Gemeinschaft (EG) als auch die Vereinten Nationen an Schlichtungsverhandlungen in Kroatien beteiligt. Die drei autonomen Gebiete hatten sich zur ,,Republik Serbische Krajina" zusammengeschlossen. Deutschland erkannte die Republik Kroatien am 23. Dezember 1991 als selbständigen Staat an. Die restlichen EG-Staaten schlossen sich am 15. Januar 1992 an und leiteten damit die internationale Anerkennung des Staates ein. Am 2. Januar, vor der Anerkennung durch die EG, wurde zwischen der JVA und der kroatischen Nationalgarde ein Vertrag über einen Waffenstillstand unterzeichnet. Die UN entsandten im Februar 14 000 Mann starke Friedenstruppen (UNPROFOR) zur Überwachung des Rückzugs der JVA aus Kroatien und der Demilitarisierung der drei serbischen Enklaven. Die UN-Truppen hatten jedoch nur begrenzten Erfolg. Obwohl sich die JVA zurückzog, behielten Einheiten der kroatischen Serben die Kontrolle über das Gebiet, das sie 1991 durch die Vertreibung der 300 000 in Ostslawonien lebenden Kroaten annektiert hatten. Im Juni kam es erneut, trotz UN-Präsenz, zu einem Ausbruch der Kämpfe, als die kroatischen Streitkräfte versuchten, die serbisch besetzten Gebiete zurückzuerobern. 1992 hatte Kroatien begonnen, die Kroaten in Bosnien und Herzegowina zu unterstützen, die ein Drittel des bosnischen Territoriums eingenommen und den kroatischen Splitterstaat Herceg-Bosna gegründet hatten, dessen nationalistisch gesinnte Vertreter für einen Zusammenschluss mit Kroatien plädierten. Die EG drohte mit Sanktionen, falls Kroatien seine militärischen Einmischungen in Bosnien und Herzegowina nicht beenden würde. 7.5 Fortsetzung des Bürgerkrieges Mitte 1993 wurde deutlich, dass der Vance-Owen-Friedensplan des Vertreters der EG, Lord David Owen, und des UN-Vertreters Cyrus Vance gescheitert war. Im Januar 1993 durchbrach Kroatien die Linien der UN-Friedenstruppen und startete eine neue Offensive gegen die serbische Enklave Krajina, woraufhin die Föderative Republik Jugoslawien (Serbien und Montenegro) mit einer Intervention drohte. Es kam das ganze Jahr über zu vereinzelten Kämpfen. Das UN-Friedensmandat wurde vom Sicherheitsrat der UN im Oktober verlängert. Die Verhandlungen wurden fortgesetzt, und am 19. Januar 1994 wurde ein bilateraler Vertrag zwischen Kroatien und Serbien unterzeichnet, der die Wiederherstellung der Kommunikations- und Transportverbindungen zwischen den beiden Republiken vorsah. Die kroatischen Serben hielten zu diesem Zeitpunkt immer noch etwa 30 Prozent des kroatischen Territoriums besetzt, und der serbische Präsident Slobodan Milosevi? weigerte sich, den Vertrag um eine Klausel zur gegenseitigen Anerkennung zu erweitern. Im März 1994 unterzeichneten die bosnische Regierung, die bosnischen Kroaten und Kroatien einen Vertrag zur Gründung einer Föderation der bosnischen Muslime und Kroaten und deren spätere Einbindung in einen Staatenbund mit Kroatien. Die Situation zwischen Kroaten und den kroatischen Serben blieb gespannt. Nur durch die Präsenz der UN-Truppen wurde der Waffenstillstand aufrechterhalten. 7.6 Unsicherer Frieden Der instabile Frieden in Kroatien geriet im Januar 1995 in Gefahr, als Tudjman erklärte, dass das UN-Friedensmandat am 31. März ablaufen würde und die Friedenstruppen bis Juni das Land verlassen müssten. Die kroatische Regierung befürchtete, dass die Präsenz der UN-Friedenstruppen die serbischen Ansprüche auf die Krajina und andere autonome Gebiete festigen würden. Anfang Mai 1995 überschritten die kroatischen Einheiten die Linien der UN-Truppen und brachten die von Serben besetzte Enklave Westslawonien wieder unter ihre Kontrolle. Im August 1995 eroberten kroatische Truppen die Krajina, die ansässige serbische Bevölkerung wurde vertrieben. Einen Monat später wurde in Ostslawonien ein Waffenstillstand geschlossen. Der UN-Sicherheitsrat beschloss im Januar 1996 die Entsendung von etwa 5 000 Soldaten und zivilen Beobachtern, die das Gebiet bei der Wiedereingliederung in kroatisches Staatsgebiet begleiten sollten. Bei den Wahlen zum Repräsentantenhaus im Oktober 1995 setzte sich Tudjmans HDZ als stärkste Partei durch. Zur gegenseitigen Anerkennung zwischen Kroatien und der Föderativen Republik Jugoslawien kam es am 23. August 1996. Internationale Aufwertung erlebte Kroatien durch die Aufnahme in den Europarat am 6. November 1996. Bei den Präsidentschaftswahlen am 16. Juni 1997 wurde Tudjman im Amt des Staatsoberhauptes bestätigt. Im Januar 1998 wurde Ostslawonien auf friedlichem Wege wieder in den kroatischen Staatsverband eingegliedert. Kroatien bemüht sich um eine Versöhnung zwischen den in dieser Region lebenden Kroaten und Serben. Im Dezember 1998 einigten sich Kroatien und Serbien über den Verlauf der gemeinsamen Staatsgrenze. Am 10. Dezember 1999 starb Präsident Franjo Tudjman. Dessen Partei, die HDZ, verlor bei den Parlamentswahlen vom Januar 2000 ihre Mehrheit an eine Koalition aus Sozialdemokratischer Partei (SDP) und Kroatischer Sozialliberaler Partei (HSLS). Zum neuen Ministerpräsidenten wurde Ivica Ra?an von der SDP gewählt. Bei den Präsidentschaftswahlen vom Februar 2000 wurde Stipe Mesi?, der Kandidat der konservativen Kroatischen Volkspartei (HNS), zum neuen Staatsoberhaupt gewählt. 7.7 Stabilisierung Im Mai 2000 wurde Kroatien Mitglied des NATO-Programms Partnerschaft für den Frieden. Einer Mitgliedschaft in der Europäischen Union (EU) kam Kroatien durch ein im Mai 2001 unterzeichnetes Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit der EU näher. Es sicherte Kroatien den freien Zugang zum Europäischen Binnenmarkt, verlangte dem Land aber auch umfangreiche Wirtschafts- und Sozialreformen ab. Im Februar 2003 beantragte Kroatien formell die Aufnahme in die EU. 2000/2001 wurde die Verfassung von 1990, die im Wesentlichen auf den Präsidenten Tudjman zugeschnitten war, umfassend reformiert. Einige Befugnisse des Präsidenten wurden auf andere Staatsorgane, vor allem die Regierung und das Parlament, umverteilt, so dass aus der eher präsidialen eine parlamentarische Demokratie wurde. Zugleich wurde eine Verwaltungsreform eingeleitet, die sukzessive die Selbstverwaltung der Kommunen und Provinzen stärkte und so zu einer Dezentralisierung führte. Nach monatelangen Auseinandersetzungen mit dem Koalitionspartner HSLS trat Ministerpräsident Ra?an am 5. Juli 2002 zurück. Nachdem sich das Parlament mehrheitlich für einen Verbleib Ra?ans im Amt ausgesprochen hatte, bildete er eine neue Mitte-links-Koalition unter Ausschluss der HSLS, die zwar nur über 67 der 151 Parlamentssitze verfügte, aber von einigen kleineren Parteien unterstützt wurde. Die Parlamentswahlen am 23. November 2003 bescherten der Regierung eine schwere Niederlage: Die SDP von Ministerpräsident Ra?an verlor 19 Sitze und kam nur noch auf 43 der insgesamt 152 Sitze. Die HDZ dagegen konnte sich um 32 auf insgesamt 66 Mandate verbessern und wurde damit stärkste Kraft im Parlament. Ministerpräsident wurde der HDZ-Vorsitzende Ivo Sanader; er formierte eine Minderheitsregierung, sicherte sich jedoch die Unterstützung von 14 Abgeordneten kleinerer Parteien bzw. nationaler Minderheiten. Vordringliche Ziele der neuen Regierung waren die Stabilisierung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung sowie die Aufnahme Kroatiens in die EU und die NATO. Die EU nahm am 3. Oktober 2005 formelle Beitrittsverhandlungen auf, nachdem das Internationale Tribunal für Verbrechen im früheren Jugoslawien (ICTY) dem Land bescheinigt hatte, bei der Verfolgung von Kriegsverbrechern uneingeschränkt zusammenzuarbeiten. Bis dahin war dem Land mangelnde Kooperation vorgeworfen und ein früherer Verhandlungsbeginn ausgesetzt worden, obwohl das Land auf der anderen Seite erheblich bessere Wirtschafts- und sozialpolitische Daten aufzuweisen hatte als etwa die beiden Beitrittskandidaten Bulgarien und Rumänien. Die Aufnahme in die NATO wurde Kroatien ebenfalls wegen mangelnder Zusammenarbeit mit dem ICTY zunächst verweigert, und zwar vor allem von den USA; erst 2007 deutete sich hier ein Wandel an. Die wirtschaftliche Lage erholte sich unter der Regierung Sanader sukzessive weiter, es war ein kontinuierliches Wirtschaftswachstum zu verzeichnen; die Arbeitslosigkeit war allerdings weiterhin hoch und ging nur zögerlich zurück. Umfangreiche Reformen, etwa des Steuersystems, der Justiz und im Sozialbereich, trugen zur Stabilisierung bei und passten das Land zugleich mehr und mehr an die Strukturen der EU an. Eine schwere Niederlage für die regierende HDZ markierten die Präsidentschaftswahlen Anfang 2005: Hier setzte sich in der Stichwahl am 17. Januar der von der Opposition unterstützte Amtsinhaber Mesi? mit mehr als zwei Dritteln der Stimmen gegen die HDZ-Kandidatin Jadranka Kosor durch. Die Parlamentswahlen vom 25. November 2007 dagegen bestätigten die HDZ mit erneut 66 Mandaten als stärkste Kraft, jedoch verbesserte sich die SDP wieder auf 56 Sitze. Sanader bildete eine Koalition seiner HDZ mit der Sozialliberalen und der Bauernpartei sowie Vertretern ethnischer Minderheiten. Erstmals seit der Unabhängigkeit Kroatiens 1991 wurde ein Serbe in die Regierung berufen, womit Sanader ein Zeichen der Versöhnung mit der serbischen Minderheit im Land zu setzen suchte. Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.