Jugendkriminalität.
Publié le 15/06/2013
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Jugendkriminalität. 1 EINLEITUNG Jugendkriminalität, ein im Rechtswesen verwendeter Begriff, der die Straftaten bezeichnet, die von Jugendlichen (14 bis 18 Jahre) und Heranwachsenden (18 bis 21 Jahre) begangen werden. Beide gehören in den Bereich der Rechtsprechung des Jugendgerichts. 2 GESCHICHTE Seit dem Altertum haben Rechtssysteme zwischen den Straftaten von Jugendlichen und den Verbrechen von Erwachsenen unterschieden. Im Allgemeinen war es so, dass Minderjährige als für ihr Verhalten nicht im gleichen Maß moralisch verantwortlich betrachtet wurden. Unter dem Code Napoléon in Frankreich wurde z. B. Kindern unter 16 Jahren eine eingeschränkte Verantwortung zugeschrieben. Trotz der Humanität solcher früher Satzungen war die Bestrafung jugendlicher Gesetzesbrecher bis ins 19. Jahrhundert hinein oft trotzdem sehr schwerwiegend. 3 URSACHEN DER STRAFFÄLLIGKEIT Es gibt viele Theorien, die die Ursachen von Jugendkriminalität zu erklären versuchen. Sie betrachten entweder das Individuum oder die Gesellschaft als wichtigsten Einflussfaktor. Theorien, die das Individuum als Ursache betrachten, gehen davon aus, dass Kinder Straftaten begehen, weil sie für frühere Untaten nicht ausreichend bestraft wurden oder dass sie ihr kriminelles Verhalten durch die Interaktion mit anderen erlernt haben. Eine der Gesellschaft entfremdete Person kann stärker zu Verbrechen neigen. Die Theorien, die die Rolle der Gesellschaft bei der Jugendkriminalität in den Vordergrund stellen, gehen davon aus, dass Kinder, die Verbrechen begehen, frustriert auf ihre Unfähigkeit reagieren, sich über ihren sozioökonomischen Status hinaus zu entwickeln, oder versuchen die in der Gesellschaft vorherrschenden Wertvorstellungen zurückzuweisen. Die meisten Theorien zur Jugendkriminalität beschäftigen sich mit Kindern von benachteiligten Familien und vernachlässigen die Tatsache, dass Kinder aus reichen Familien auch Verbrechen begehen. Diese Gruppe kann Verbrechen begehen, da sie von den Eltern zu wenig beaufsichtigt wird, weil sie zu spät den Status von Erwachsenen erreichen oder einfach, weil sie an Verbrechen Spaß haben. Alle diese Theorien sind jedoch tendenziös und wegen ihrer Einseitigkeit kritisiert worden. Der Familienverband hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Immer mehr Familien bestehen aus Haushalten mit nur einem Elternteil oder mit zwei berufstätigen Elternteilen. Eine Folge davon ist, dass Kinder zu Hause weniger beaufsichtigt werden, als dies in der traditionellen Familienstruktur der Fall war. Man nimmt an, dass diese fehlende Aufsicht durch die Eltern einen Einfluss auf die Jugendkriminalität hat. Andere feststellbare Ursachen von Straftaten sind Frustration oder Versagen in der Schule, die zunehmende Verfügbarkeit von Drogen und Alkohol und die Zunahme von Kindesmissbrauch und Vernachlässigung von Kindern. All diese Umstände erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind eine Straftat begeht. Eine viel diskutierte Rolle bei der Entstehung von schwerer Jugendkriminalität, insbesondere Gewalttätigkeiten, kommt den Massenmedien zu. Obwohl ein direkter Zusammenhang zwischen exzessiven Darstellungen von Gewalt und kriminellen Handlungen und dem Verhalten von Kindern und Jugendlichen von einem Großteil der Wissenschaftler wie auch der Medienverantwortlichen abgelehnt wird, deuten doch einige Indizien auf die (negative) Vorbildfunktion vor allem von Fernsehsendungen hin. Szenen aus Fernseh- oder Kinofilmen werden von den jugendlichen Tätern immer wieder als Anregung und (Nachahmungs-)Motiv genannt, ebenso die Neugier, herauszufinden, wie es tatsächlich ist, jemanden zu quälen oder zu töten bzw. sterben zu sehen. 4 BEHANDLUNG VON STRAFTÄTERN Das Jugendstrafrecht in den verschiedenen Ländern (siehe Jugendstrafe) versucht, Jugendliche, die straffällig wurden, zu resozialisieren. Dafür kommen unterschiedliche Verfahren in Frage: Die Behandlung bzw. Bestrafung kann in der Gemeinschaft, am Wohnort, in einer Gemeinschaft außerhalb des Wohnortes und in einer besonderen Einrichtung erfolgen. In den meisten Fällen bedeutet eine Behandlung in der Gemeinschaft, dass die Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird. Wenn davon ausgegangen wird, dass das Kind keine Gefahr für andere darstellt, wird es unter die Betreuung eines Mitarbeiters des Jugendgerichts gestellt und muss bestimmte Erziehungsmaßregeln befolgen. In manchen Fällen wird auch eine Wiedergutmachung vereinbart, bei der das Kind das Opfer entschädigt, indem es eine Zahlung oder eine Arbeit leistet oder indem es für eine gemeinnützige Einrichtung arbeitet. Die Behandlung am Wohnort findet meist in einem Gruppenheim statt, wo der Jugendliche psychologisch und beruflich betreut wird. Andere Formen der Behandlung am Wohnort sind landwirtschaftliche Programme wie z. B. Waldarbeiten und Arbeit auf Bauernhöfen. Die Unterbringung in geschlossenen Anstalten ist die schwerste Form der Behandlung von jugendlichen Straftätern. Das Kind wird in einer geschlossenen Einrichtung untergebracht und darf diese nicht verlassen. Diese Einrichtung ist verantwortlich für die Beratung, Erziehung, Erholung, Kost und Logis und andere tägliche Aktivitäten des Kindes. Keine der Behandlungen hat sich als erfolgreicher als die anderen herausgestellt. Die Wirkung wird üblicherweise an der Rückfallquote gemessen, d. h. am Prozentsatz der behandelten Kinder, die danach weitere Straftaten begehen. Die Rückfallquoten aller Behandlungsarten ist jedoch etwa gleich. Die Tatsache, dass ein Großteil der Straftaten nie aufgedeckt wird, macht die Messung des Erfolgs noch schwieriger. Es kann also durchaus sein, dass ein Kind, das keine weiteren Straftaten aufweist, einfach nicht aufgegriffen worden ist. 5 JUGENDKRIMINALITÄT IN ANDEREN LÄNDERN Der Vergleich der Jugendkriminalität in verschiedenen Ländern ist nur sehr eingeschränkt möglich, da die Rechtssysteme, die Kategorisierung von Straftaten und die Verfahren zur Meldung von Straftaten sehr unterschiedlich sind. Bestimmte Ähnlichkeiten sind jedoch offensichtlich. So zeigen z. B. kanadische, australische und europäische Opferuntersuchungen, dass die tatsächliche Zahl der Verbrechen ein Mehrfaches derer beträgt, die den Behörden bekannt sind. Nach einer Untersuchung in Finnland sind nur fünf Prozent der Diebstähle der Polizei bekannt. Die Hauptursachen für Straftaten stehen in den verschiedenen Ländern in Zusammenhang mit der wirtschaftlichen und sozialen Umgebung. In Brasilien z. B. liegen die Hauptgründe für Jugendkriminalität in der weit verbreiteten Armut und der großen Zahl von verlassenen Kindern. Untersuchungen in Indien belegen, dass die Hauptursachen für Straftaten im Wandel des Sozialsystems, in der Bevölkerungsexplosion und im Wertewandel liegen. In Ägypten haben sich die bekannt gewordenen Straftaten in den letzten Jahren verdoppelt, was in Verbindung mit einer Abnahme der für Straftäter verfügbaren Dienstleistungen steht. Viele dieser jugendlichen Straftäter leben in sehr schwierigen sozialen Verhältnissen. Viele Länder, wie z. B. Japan, weisen eine sinkende Zahl jugendlicher Straftäter auf, die parallel zur Abnahme der Jugendlichen verläuft. Weltweit findet derzeit ein grundlegender Wandel traditioneller Muster des Familienlebens statt, was als eine Hauptursache der Jugendkriminalität angesehen wird. Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.