Joseph Haydn: Autobiographische Skizze - Texte.
Publié le 22/06/2013
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Joseph Haydn: Autobiographische Skizze - Texte. Im Jahr 1776 veröffentlichte Joseph Haydn, neben Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethoven der wichtigste Vertreter der Wiener Klassik, in der Zeitschrift Das gelehrte Österreich einen kurzen Abriss seines Lebens, in dem er seine Laufbahn als Musiker und Komponist beschreibt. Joseph Haydn: Autobiographische Skizze ,,Mademoiselle, Sie werden es mir nicht für übel nehmen, wann ich Ihnen ein allerhand Mischmasch ob dem abverlangten einhändige: solche Sachen ordentlich zu beschreiben, fordert Zeit, diese habe ich nicht, derenthalben getraute ich mich nicht Mons. Zoller selbst zu schreiben, bitte derohalben um Vergebung: ich übersende nur einen rohen Aufsatz, dann weder Stolz noch Ruhm sondern die allzugroße Güte und überzeugende Zufriedenheit einer so gelehrten Nationalgesellschaft über meine bisherigen Werke veranlasset mich dero begehren zu willfahren. Ich wurde geboren Anno 1733 [richtig: 1732] den letzten Mertz in dem Marktfleck Rohrau in Unterösterreich bei Prugg an der leythä [Bruck an der Leitha]. Mein Sel. Vater ware seiner Profession ein Wagner und Unterthan des Grafen Harrachs, ein von Natur aus großer Liebhaber der Musik. Er spielte ohne eine Note zu kennen die Harpfe, und ich als ein Knabe von 5 Jahren sang ihm alle seine simple kurze Stücke ordentlich nach, dieses verleitet meinen Vatter mich nach Haimburg zu dem Schul Rector meinen Anverwandten zu geben, um allda die musikalischen Anfangs Gründe sammt anderen jugendlichen Notwendigkeiten zu erlehrnen. Gott der Allmächtige (welchem ich alleinig so unermessene Gnade zu danken) gab mir besonders in der Musik so viele Leichtigkeit indem ich schon in meinem 6. Jahr ganz dreist einige Messen auf dem Chor herabsang, auch etwas auf dem Clavier und Violin spielte. in dem 7. Jahr meines alters hörte der Sel. Herr Kapell Meister von Reutter in einer Durchreise durch Haimburg von ungefähr meine schwache doch angenehme Stimme. Er nahm mich alsogleich zu sich in das Capell Hauss, allwo ich neben dem Studiren die singkunst, das Clavier und die Violin von sehr guten Meistern erlehrnte. Ich sang allda sowohl bei St. Stephan, als bei Hof mit großem Beifall bis in das 18. Jahr meines Alters den Sopran. Da ich endlich meine Stimme verlohr, mußte ich mich in unterrichtung der Jugend ganzer acht Jahr kummerhaft herumschleppen (durch dieses Elende Brod gehen viele Genie zu Grund, da ihnen die Zeit zum Studiren mangelt), die Erfahrung traffe mich leider selbst, ich würde das wenige nie erworben haben, wann ich meinen Compositions Eyfer nicht in der Nacht fortgesetzt hätte, ich schriebe fleissig, doch nicht ganz gegründet, bis ich endlich die Gnade hatte von dem berühmten Herrn Porpora (so dazumal in Wien ware) die ächten Fundamente der setzkunst zu erlehrnen: endlich wurde ich durch Recomendation des seligen Herrn von Fürnberg (von welchem ich besondere Gnade genosse) bei Herrn Grafen von Morzin als Direkteur, von da aus als Capellmeister bei Sr. Durchl. dem Fürsten [Esterházy] an und aufgenommen, allwo ich zu leben und zu sterben mir wünsche. Unter andern meiner Werke haben folgende den meisten Beifall erhalten: Die Opera: ,Le Peschatrici', - ,L'incontro improviso', welche in Gegenwart ihro k. k. Majestät ist aufgeführt worden. - ,L'infeldelta delusa'. - Das Oratorium: ,Il ritorno di Tobia' in Wien aufgeführt. Das ,Stabat mater', über welches ich von einem guten Freund die Handschrift unseres großen Tonkünstlers Hasse mit unverdienten Lobsprüchen erhalten. Eben diese Handschrift werde ich zeit Lebens wie Gold aufbehalten nicht des Inhalts sondern eines so würdigen Mannes wegen. In dem Kammerstyl habe ich außer den Berlinern fast allen Nationen zu gefallen das Glück gehabt, dieses bezeugen die öffentlichen Blätter und die an mich ergangenen Zuschriften: mich wundert nur, daß die sonst so vernünftigen Herrn Berliner in ihrer Kritik über meine Stücke kein Medium haben, da sie mich in einer Wochenschrift bis an die Sterne erheben, in der andern 60 Klafter tief in die Erde schlagen, und dieses ohne gegründeten warum: ich weiß es wohl; weil sie ein und andere meiner Stücke zu produciren nicht im stande, solche wahrhaft einzusehen aus eigenlieb sich nicht die Mühe geben, und anderer Ursachen mehr, welche ich mit der Hülf Gottes zu seiner Zeit beantworten werde: Herr Capellmeister von Dittersdorf aus Schlesien schrieb mir unlängst mit Bitte mich über ihr hartes Verfahren zu rechtfertigen, ich antwortete aber demselben, daß eine Schwalbe keinen Sommer mache, vielleicht wird denenselben von unpartheyschen der Mund mit nächsten so gestopft, als es ihnen schon einmal wegen der Monotonie ergangen. Über alles das aber bemühen sie sich äußerst alle meine Werke zu bekommen, ein welches mich der k. k. Gesandte zu Berlin Herr van Baron Switen diesen verflossenen Winter, als derselbe in Wien ware, versicherte: genug hievon. Liebe Mademoiselle Leonore! Sie werden also die Güte haben, dem Mos. Zoller nebst höfliche Empfehlung gegenwärtiges Schreiben seinem einsichtsvollen Gutachten überlassen: mein größter Ehrgeiz besteht nur darin, vor aller Welt, so wie ich es bin, als ein rechtschaffener Mann angesehen zu werden. Alle Lobes Erhebungen widme ich Gott dem Allmächtigen, welchem alleinig für solche zu danken habe: mein Wunsch sey nur dieser, weder meinen Nächsten, noch meinen gnädigsten Fürsten viel weniger barmherzigen Gott zu beleidigen. Übrigens verbleibe ich mit aller Hochachtung Mademoiselle Dero aufrichtigster Freund und Diener Josephus Haydn" Joseph Haydn: Autobiographische Skizze aus dem Jahr 1776. In: Josef Rufer: Bekenntnisse und Erkenntnisse. Komponisten über ihr Werk. München 1981, S. 1821. Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.
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