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Jorge Semprún (Sprache & Litteratur).

Publié le 12/06/2013

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Jorge Semprún (Sprache & Litteratur). Jorge Semprún (*1923), spanischer Schriftsteller und Politiker. Mit seinen zumeist autobiographisch motivierten, seine KZ-Erfahrungen ebenso wie seinen Kampf gegen die Franco-Diktatur thematisierenden Romanen zählt der vorwiegend in französischer Sprache schreibende Autor zu den wichtigsten Repräsentanten der spanischen Literatur des 20. Jahrhunderts. 1994 erhielt er den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Semprún wurde am 10. Dezember 1923 als Sohn eines linksliberal-republikanischen Juraprofessors in Madrid geboren und wuchs mit sechs Geschwistern in einer traditionsreichen großbürgerlichen Familie auf: Sein Großvater mütterlicherseits, Antonio Maura, war unter Alfons XIII. spanischer Ministerpräsident gewesen; sein Onkel Miguel Maura war ab 1931 der erste Innenminister der Spanischen Republik. Nach dem Ausbruch des Spanischen Bürgerkrieges 1936 emigrierte Semprúns Familie zunächst in die Niederlande, wo sein Vater Botschafter der Spanischen Republik in Den Haag wurde, und anschließend nach Paris. Semprún studierte nach dem Abitur Literatur und Philosophie an der Pariser Sorbonne; während dieser Zeit galt sein Hauptinteresse den Schriften von Hegel, Marx und Lukács. 1941 schloss er sich der Résistance an und trat kurz darauf in die Kommunistische Partei (KP) Spaniens ein. 1943 wurde er von der Gestapo verhaftet und ins Konzentrationslager Buchenwald deportiert. 1945 kehrte Semprún nach Paris zurück, wo er zunächst als Übersetzer für die UNESCO tätig war. Ab 1953 beteiligte er sich als Mitglied des Zentralkomitees der spanischen Exil-KP an der Organisation des Widerstands gegen die Franco-Diktatur; unter Lebensgefahr reiste er häufig mit einem gefälschten Pass nach Spanien ein, wo er von 1957 bis 1962 unter einem Decknamen die Untergrundarbeit der Kommunistischen Partei leitete. Seine wachsende Kritik am stalinistischen Führungsstil in der spanischen KP führte 1964 zu seinem Ausschluss aus der Partei. Seitdem lebte Semprún als freier Schriftsteller in Paris. Semprúns Romandebüt Le Grand voyage (1963; Die große Reise) ist eine Auseinandersetzung mit Erfahrungen der eigenen Deportation ins Konzentrationslager. Der Titel bezieht sich zunächst auf den Handlungsrahmen, einen fünftägigen Gefangenentransport von Compiègne nach Buchenwald. Darüber hinaus hat der Titel auch eine metaphorische Bedeutung: Bezeichnet er doch eine Reise in die Vergangenheit, die der Erzähler aus einer zeitlichen Distanz von 16 Jahren unternimmt, um dem Vergessen entgegenzutreten. In Le Grand voyage lassen sich mehrere Erzählebenen unterscheiden: Die Zugreise beschreibt die entsetzlichen Bedingungen, unter denen die Gefangenen zur Winterzeit in einem Güterwaggon zusammengepfercht sind. Die nicht chronologisch gehaltene Darstellung der Reise wird ständig durchbrochen von Erinnerungen des Erzählers an die Studienzeit, die Aktivitäten in der Résistance, Verhöre durch die Gestapo sowie Vorgriffen aus der Zeit des Konzentrationslagers und ernüchternden Schilderungen der Rückkehr nach Frankreich. Der Zusammenhang des Erzählgeflechtes wird durch Assoziationen und reflektierende Betrachtungen gestiftet. Bewusst verzichtete Semprún dabei auf drastische Beschreibungen und überzeugte vielmehr durch eine distanzierte Sachlichkeit. Das Problem der Erinnerung steht auch im Zentrum zweier weiterer auf Buchenwald bezogener Romane Semprúns: L'Évanouissement (1967; Die Ohnmacht) ist in gewisser Weise eine Fortsetzung von Le Grand voyage und handelt von der Rückkehr aus dem Konzentrationslager Buchenwald. Der Roman Quel beau dimanche! (1980; Was für ein schöner Sonntag), der als Reflex auf die Lektüre der Schriften des russischen Dissidenten Aleksandr Solschenizyn entstand, stellt eine Parallele zwischen den Konzentrationslagern des Nationalsozialismus und dem GULAG des Stalinismus her und wendet sich gegen den Versuch, das Gedächtnis in den Dienst einer Ideologie zu stellen. Ein anderes Genre, dessen sich Semprún in seinen Romanen bediente, ist der politische Thriller. Bei La Deuxième mort de Ramón Mercader (1969; Der zweite Tod des Ramón Mercader) etwa handelt es sich um einen Spionageroman zur Zeit des Kalten Krieges, in dem der Autor eigene Erfahrungen seiner illegalen politischen Tätigkeit in Spanien verarbeitete. Bei der Darstellung des komplexen Handlungsgefüges bedient sich Semprún der Montagetechnik, die er schon in Le Grand voyage angewandt hatte. Im Mittelpunkt von Netchaïev est de retour (1987; Netschajew kehrt zurück) steht ein Aktivist während der Pariser Studentenrevolte, der zunächst zum Terroristen wird und dann versucht, sich wieder in die französische Gesellschaft der achtziger Jahre zu integrieren. Eingelagert in die Handlung sind essayistische Betrachtungen zum Problem des Verrats, in denen sich Semprún mit literarischen Darstellungen dieses Themas u. a. bei Fjodor M. Dostojewskij, Hannah Arendt und Paul Nizon auseinandersetzt. Neben seinen Romanen verfasste Semprún auch einige Drehbücher, so etwa zu Alain Resnais' Film La guerre est finie (1966; Der Krieg ist vorbei) und zu Costa-Gavras' Z (1968). Durch seine Tätigkeit als Drehbuchautor entwickelte sich eine enge Freundschaft zu dem Schauspieler und Chansonnier Yves Montand, über den er eine Biographie unter dem Titel Montand. La vie continue (1983; Yves Montand. Das Leben geht weiter) schrieb. 1988 kehrte Semprún nach über 50 Jahren aus dem Pariser Exil nach Madrid zurück. Im selben Jahr wurde er überraschend von Ministerpräsident Felipe González zum spanischen Kultusminister ernannt. In diesem Amt, das er bis 1991 ausübte, stieß der parteilose Semprún mit mehreren umstrittenen Entscheidungen oftmals auf Kritik; positiv bewertet wurde dagegen u. a., dass er die Verleihung des Premio Cervantes an den einstigen überzeugten Franquisten und Literatur-Nobelpreisträger von 1989, Camilo José Cela, verhinderte und dass er das Cervantes-Institut (vergleichbar dem deutschen Goethe-Institut) ins Leben rief. Unter dem Titel Autobiographie de Federico Sánchez (1977; Federico Sánchez: Eine Autobiographie) veröffentlichte Semprún eine Abrechnung mit seiner kommunistischen Vergangenheit und seinen ehemaligen Genossen - ,,Federico Sánchez" war sein Deckname während seiner Untergrundarbeit für die KP in Spanien gewesen. Mit Federico Sánchez vous salue bien (1993; Federico Sánchez verabschiedet sich) legte er den zweiten Teil seiner politischen Autobiographie vor, in dem er sich auch seinen Jahren als Kultusminister widmete. Ebenfalls autobiographisch sind seine nach einem Besuch der Gedenkstätte des Konzentrationslagers Buchenwald im Jahr 1992 verfassten Erinnerungen L'Écriture ou la vie (1994; Schreiben oder Leben) sowie der in Buchenwald angesiedelte Roman Le Mort qu'il faut (2002; Der Tote mit meinem Namen). Mit dem mehrfach ausgezeichneten Roman Veinte años y un día (2003; Zwanzig Jahre und ein Tag), der sich - wiederum autobiographisch gefärbt - mit den letzten 20 Jahren der Franco-Diktatur auseinandersetzt, legte Semprún erstmals ein Werk in seiner Muttersprache vor. Verfasst von: Dietmar Götsch Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.

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