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Hugo Preuß: Die Ursachen der Staatsumwälzung - Geschichte.

Publié le 15/06/2013

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Hugo Preuß: Die Ursachen der Staatsumwälzung - Geschichte. In seinem Werk Deutschlands Staatsumwälzung legte der Staatsrechtler und Mitverfasser der Weimarer Verfassung Hugo Preuß 1920 die Gründe dar, weshalb es im November 1918 unweigerlich zum Sturz des monarchischen Systems und zum nahtlosen Übergang zu einer republikanischen Verfassung kommen musste. Hugo Preuß: Die Ursachen der Staatsumwälzung Es ist wahr: die große Umwälzung war in der inneren politischen Entwicklung Deutschlands von keiner Seite zielbewußt vorbereitet. Von den drei Parteien, die sich nach dem November 1918 zur Schaffung der neuen Verfassung republikanischer Demokratie zusammengefunden haben, hatte nur die Sozialdemokratie das republikanische Bekenntnis in ihrem Programm, ohne ihm doch in ihrer praktischen und agitatorischen Betätigung sonderlichen Nachdruck zu geben. Im allgemeinen schien die obrigkeitliche Monarchie in Deutschland fester zu stehen als irgendwo sonst. War sie einst durch den Gegensatz, in den die dynastische Vielstaaterei mit dem nationalen Einheitsstreben geriet, bedroht worden, so hatte sie Bismarck durch die Art seiner Reichsgründung auf lange Zeit neu gefestigt. In ausgesprochenem Gegensatz gegen Liberalismus und Parlamentarismus, deren Bestrebungen erfolglos geblieben waren, beruhte der Erfolg der Bismarckschen Staatskunst auf den diplomatischen und militärischen Machtmitteln der preußischen Krone. Das war der günstigste Nährboden für eine mit allen Mitteln arbeitende Volkserziehung, die in unendlichen Variationen des Themas bestand, daß die Führung der politischen Angelegenheiten am besten aufgehoben sei in den Händen monarchischer Obrigkeit, ihres Heeres und Beamtentums; daß der Gegensatz, in den die deutsche Staatsstruktur durch ihr Beharren beim Obrigkeitssystem zu der politischen Entwicklung der anderen Völker geriet, Deutschlands Stärke und die Schwäche der anderen bedeute. Der großartige Aufstieg Deutschlands auf wirtschaftlichem, technischen und vielen anderen Gebieten, seine kräftige soziale Entwicklung galten den einen als Beweis für die Vortrefflichkeit, den anderen wenigstens als Beweis für die Unschädlichkeit des Obrigkeitssystems. Daß sich gerade durch den Gegensatz des mächtigen Aufstiegs auf jenen Gebieten zu der unfruchtbaren Erstarrung und Verkümmerung des politischen Geistes die innere Spannung verhängnisvoll steigerte; daß in weiterer Folge die wesentlich militärisch begründete internationale Stellung des Reiches längst gefährlich abbröckelte, das erkannten wenige, und ihre Meinung fand geringen Widerhall. Da brachte der Weltkrieg und seine Katastrophe die fürchterliche Probe auf das Exempel und zerstörte grausam den Wahn, unter dessen Banne das deutsche Volk bisher gestanden hatte. An der Verkümmerung des politischen Geistes ging das kaiserliche Deutschland zugrunde; die militärische Niederlage war nur die Besiegelung des politischen Bankrotts. In ihrer Verzweiflung wurden die Träger des alten Systems aus der bisherigen Selbsttäuschung zur Täuschung des Volkes fortgedrängt, so daß die entsetzliche Enttäuschung des Endes den radikalen Umschlag bringen mußte. Alles, was tüchtigste, aber unpolitische Arbeit des ganzen Volkes in Generationen geschaffen hatte, war durch eine unfähige Politik mit einem Schlage vernichtet. Die mächtige Monarchie hatte keine starke, keine klare und zielbewußte auswärtige Politik zu führen vermocht. Sie hatte alle lebenskräftigen Mächte der Welt zu Deutschlands Feinden gemacht; sie hatte die großen Erfolge der militärischen und wirtschaftlichen Widerstandskraft des deutschen Volkes nicht zur leidlichen Beendigung des hoffnungslosen Krieges auszunutzen verstanden. Die starke Monarchie als unbestrittene Spitze aller militärischen und zivilen Gewalt hatte nicht vermocht, die unentbehrliche Einheitlichkeit zwischen beiden herzustellen; vielmehr den Krieg aller gegen alle in den höchsten Stellen während der furchtbaren Krisis des Vaterlandes gewähren lassen. Die Macht der Monarchie war unfähig gewesen, die von ihren verantwortlichen Ratgebern als notwendig erkannten inneren Reformen gegen den Widerstand kleiner, aber mächtiger sozialer Schichten und politischer Richtungen durchzusetzen; sie war stark nur im Verhindern, aber schwach bei jeder notwendigen Förderung der politischen Entwicklung gewesen. Die ungeheure Wucht, mit der jetzt diese Erkenntnis über das deutsche Volk hereinbrach, erklärt den widerstandslosen Zusammenbruch der Monarchie im Reich und in allen Einzelstaaten, obgleich vorher keine große Partei zielbewußt auf diesen Sturz hingearbeitet hatte. Mit dem Instinkt des Selbsterhaltungstriebes erfaßte in jenen furchtbaren Tagen das deutsche Volk die Wahrheit, daß die einzige Möglichkeit seiner Rettung in einem Neubau seines Staatswesens auf völlig gewandelten Grundlagen bestand. So ist die deutsche Staatsumwälzung nicht aus einem Siege vorgefaßter Parteimeinungen, sondern aus der zwingenden Notwendigkeit der Tatsachen hervorgegangen; gerade dies müßte eher Vertrauen zu ihrem Bestande als mißtrauische Zweifel begründen. Hugo Preuß: Deutschlands Staatsumwälzung. Die verfassungsmäßigen Grundlagen der Deutschen Republik. Berlin 1920. Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.

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