Heinrich Böll (Sprache & Litteratur).
Publié le 12/06/2013
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Heinrich Böll (Sprache & Litteratur). 1 EINLEITUNG Heinrich Böll (1917-1985), deutscher Schriftsteller. Durch sein sozial- und kirchenkritisches literarisches Werk und sein Engagement, bei dem er oft gemeinsam mit seinem Freund Lew Kopelew auftrat, wirkte er nicht nur auf die deutsche Literatur, sondern auch auf die Politik der Nachkriegszeit. 1972 wurde ihm der Nobelpreis für Literatur verliehen. Böll wurde am 21. Dezember 1917 als Sohn eines Schreiners in Köln geboren. Er wuchs in kleinbürgerlich und katholisch geprägten Verhältnissen auf, ein Milieu, mit dem er sich später in seinem schriftstellerischen Werk immer wieder auseinandersetzte. In der Zwischenkriegszeit bekam seine Familie die Folgen von Arbeitslosigkeit und sozialem Abstieg besonders deutlich zu spüren. Nach dem Abitur 1937 begann Böll eine Buchhandelslehre, die er nach weniger als einem Jahr wieder abbrach; in derselben Zeit fing er zu schreiben an. 1938 wurde er zum Reichsarbeitsdienst einberufen; sein im Anschluss daran begonnenes Studium der Germanistik und klassischen Philologie musste er nach wenigen Wochen wieder abbrechen, als er im Spätsommer 1939 zur Wehrmacht eingezogen wurde. Kriegseinsätze in Frankreich, Polen, der Sowjetunion, Rumänien, Ungarn und Deutschland folgten. Bei Kriegsende geriet er in amerikanische Kriegsgefangenschaft, aus der er im September 1945 entlassen wurde. Ab 1947 veröffentlichte Böll erste Kurzgeschichten in Zeitungen und Zeitschriften. Nach der Publikation seiner ersten beiden Bücher 1949 und 1950 konnte er ab 1951 als freier Schriftsteller leben. Im selben Jahr erhielt er den Preis der Gruppe 47, zu deren Gründungsmitgliedern er gehörte. 1952 fand er zu seinem Kölner Hausverlag Kiepenheuer & Witsch. Bereits in den fünfziger Jahren wurde Böll zu einer zentralen Figur der einen sozialkritischen Impetus verfolgenden westdeutschen Nachkriegsliteratur; die fünfziger und die erste Hälfte der sechziger Jahre markieren auch seine literarisch produktivste Phase. Zugleich machte er vielfach durch innen-, vor allem aber außenpolitisches Engagement von sich reden. So protestierte er 1956 gemeinsam mit Albert Camus, Pablo Picasso, Jean-Paul Sartre und Arthur Köstler gegen das brutale Vorgehen der Sowjetunion beim Aufstand in Ungarn und gegen die Intervention Großbritanniens und Frankreichs in Ägypten während der Suezkrise. 1967 bekam Böll den Georg-Büchner-Preis zugesprochen. Bei einer Veranstaltung gegen die geplanten Notstandsgesetze sprach er 1968 vor 70 000 Demonstranten. Im selben Jahr reiste er mit Louis Aragon und Jean-Paul Sartre in die Tschechoslowakei, wo er die Invasion durch die Truppen des Warschauer Paktes miterlebte, die den Prager Frühling um den Reformpolitiker Alexander Dub?ek jäh beendeten. Von 1970 bis 1972 leitete Böll als Präsident das deutsche PEN-Zentrum, dessen Positionen er selbstbewusster als seine Vorgänger vertrat (,,Ende der Bescheidenheit"), von 1971 bis 1974 dann den internationalen PEN-Club. In dieser Funktion setzte er sich vehement für die Belange verfolgter oder mit Publikationsverbot belegter Schriftstellerkollegen in aller Welt ein; 1974 beherbergte er beispielsweise den aus der Sowjetunion ausgewiesenen Aleksandr Solschenizyn in seinem Haus in Köln, auch der russische Dissident Lew Kopelew wurde von Böll aufgenommen. 1972 erhielt Böll den Nobelpreis für Literatur. Wegen seiner angeblichen Sympathie für den Terrorismus der Roten-Armee-Fraktion (RAF), die er mit zahlreichen Aufsätzen und Reden zum Ausdruck gebracht haben sollte, durchsuchte die Polizei im Zuge einer Großfahndung auch sein Haus, in dem sie Kriminelle vermutete. Auch anonyme Anrufe mit Drohungen und Beschimpfungen waren zu dieser Zeit an der Tagesordnung. Die Erzählung Die verlorene Ehre der Katharina Blum (1974) erzählt nicht zuletzt auch von dieser für den Schriftsteller schwierigen Zeit. 1976 trat Böll aus der katholischen Kirche aus, an der er sich auch literarisch stets gerieben hatte. Eine Verleihung des Bundesverdienstkreuzes durch Bundespräsident Walter Scheel 1979 lehnte er ab. In seiner letzten Lebensphase engagierte Böll sich vor allem im Umfeld der Friedensbewegung gegen den NATO-Doppelbeschluss; am 10. Oktober 1981 war er einer der Hauptredner auf der Friedenskundgebung im Bonner Hofgarten, mit mehr als 300 000 Demonstranten die größte politische Demonstration in der Geschichte der Bundesrepublik. Sein Engagement galt ebenso der Umwelt- und der Anti-Atomkraft-Bewegung, wodurch er auch zu einer Leitfigur der 1980 gegründeten Partei Die Grünen wurde. Am 16. Juli 1985 starb der Autor in Langenbroich bei Düren. Zu Bölls Andenken stiftete die Stadt Köln einen nach dem Autor benannten, mit 17 500 Euro dotierten Preis; Preisträger waren unter anderem Alexander Kluge, Brigitte Kronauer, Günter de Bruyn, Rainald Goetz, Dieter Wellershoff und Marcel Beyer. Ebenfalls in Köln ist das Heinrich-Böll-Archiv beheimatet, das sich dem Leben und Werk des Autors widmet. Die in Berlin ansässige Heinrich-Böll-Stiftung steht der Partei Bündnis 90/Die Grünen nahe und fördert vor allem politische Bildung im In- und Ausland. Rund zwanzig Heinrich-Böll-Schulen zeugen auch heute noch von der starken Prominenz des Autors, die nicht zuletzt durch die Lektüre seiner Werke im Unterricht untermauert und gefördert wird. 2 WERK Böll begann seine Schriftstellerkarriere mit Kurzgeschichten, die, angelehnt an die Short Story in der Tradition Ernest Hemingways, die Kriegsgräuel schilderten und die Frage nach der Schuld Deutschlands stellten. Sie wurden in Der Zug war pünktlich (1949) und Wanderer, kommst du nach Spa... (1950) gesammelt abgedruckt. Auch Bölls Romanerstling Wo warst du, Adam? (1951) widmet sich der Kriegsrealität und dem in ihr stattfindenden Verlust aller Werteordnungen. Danach stellte der Autor vor allem das Leben im zerbombten Nachkriegsdeutschland in den Mittelpunkt seiner Werke und schuf mit dem Roman Und sagte kein einziges Wort (1953) ein zentrales Beispiel für die so genannte Trümmerliteratur. Geschildert wird hier - ebenso wie im Nachfolgeroman Haus ohne Hüter (1954) und der Langerzählung Das Brot der frühen Jahre (1955) - vor allem das materielle und seelische Elend der Bevölkerung, namentlich das trostlose Schicksal einer ,,Generation ohne Väter". Bölls berühmtes Irisches Tagebuch (1957) gewährt einen realistischen Einblick in die politischen Gegebenheiten des Landes. Als erster Band des Deutschen Taschenbuch Verlages (dtv) avancierte es ab 1960 zu einem der erfolgreichsten Bücher Bölls überhaupt. In Ansichten eines Clowns (1963), einer Spätform und Variante des Schelmenromans (,,Ich bin ein Clown und sammle Augenblicke"), übte der Autor dezidiert Kritik an der Wohlstandsgesellschaft zur Wirtschaftswunderzeit und der als heuchlerisch empfundenen Moral der katholischen Kirche; für diesen Roman wählte der Autor die artifizielle Gestalt eines inneren (nur in Form von Telefongesprächen auch äußeren) Monologs. Mit der Form des Romans experimentierte Böll bereits zuvor in Billard um halb zehn (1959), einer an einem einzigen Tag des Jahres 1958 angesiedelten symbolreichen Mischung aus Familienepos und Montageroman, und später in Gruppenbild mit Dame (1971), das vielfach als sein bedeutendstes Werk bezeichnet wurde. Eine Verfasserfigur befragt hierin Verwandte, Freunde und Bekannte einer Leni Pfeiffer zu ihrem Leben vor, während und nach dem 2. Weltkrieg; aus der Summe der Äußerungen ergibt sich das Bild einer moralisch integren, gänzlich unopportunistischen Frau, die dem Leser als modellhaft präsentiert wird. Die Erzählungen Ende einer Dienstfahrt (1966) und Die verlorene Ehre der Katharina Blum (1974) waren zornige, ganz dem aktuellen Geschehen verpflichtete Kommentare gegen den Dienst in der Bundeswehr bzw. die Sensationspresse und Terroristenangst im Deutschland der siebziger Jahre. Die verlorene Ehre der Katharina Blum wurde 1975 von Volker Schlöndorff (Regie) und Margarethe von Trotta (Buch) mit Angelika Winkler und Mario Adorf in den Hauptrollen erfolgreich verfilmt. Bölls erzählerisches Spätwerk, insbesondere die Romane Fürsorgliche Belagerung (1979) und Frauen vor Flusslandschaft (posthum 1985), zeugt von einer spürbaren Verdüsterung seines Gesellschaftsbildes, wurde aber wegen formaler Schwächen von der Literaturkritik eher negativ aufgenommen. Neben Erzählungen und Romanen schrieb Böll auch Essays, Kritiken, Kommentare und Hörspiele. Darüber hinaus trat er - zum Teil gemeinsam mit seiner Frau Annemarie - als Übersetzer aus dem Englischen hervor. Auch war er lange Zeit Mitherausgeber der Literaturzeitschrift L 76 (später L 80). Weitere Werke Bölls sind die Erzählungen Nicht nur zur Weihnachtszeit (1952), Doktor Murkes gesammeltes Schweigen (1958), Entfernung von der Truppe (1964), Du fährst zu oft nach Heidelberg (1979), Das Vermächtnis (1981) und Die Verwundung (1983), die Theaterstücke Ein Schluck Erde (1962) und Hausfriedensbruch/Aussatz (1969), der Gedichtband Wir kommen weit her (1986) sowie die Kindheitserinnerungen Was soll aus dem Jungen bloß werden? (1981). Aufsätze, Essays, Interviews und Reden wurden in den Bänden Aufsätze, Kritiken, Reden (1967), Neue politische und literarische Schriften (1973), Drei Tage im März (1975), Berichte zur Gesinnungslage der Nation (1975), Einmischung erwünscht (1977), Vermintes Gelände (1982), Bild, Bonn, Boenisch (1984), Ein- und Zusprüche. Schriften, Reden und Prosa 1981-1983 (1984), Die Fähigkeit zu trauern. Schriften und Reden 1983-1985 (1986) und Gedanken über Lebenslust, Sittenwächter und Lufthändler (1986) veröffentlicht. 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