Günter Grass (Sprache & Litteratur).
Publié le 12/06/2013
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Günter Grass (Sprache & Litteratur). 1 EINLEITUNG Günter Grass (*1927), deutscher Schriftsteller und Graphiker. Mit seinem Roman Die Blechtrommel (1959) schuf er eines der bedeutendsten Werke der deutschen Literatur nach 1945. Sein Stil zeichnet sich durch drastisch-realistische Detailbeschreibungen und grotesk-phantastische Handlungsabläufe aus. In seinen meist zeitkritischen Texten benutzt er in Anlehnung an den Schelmenroman häufig satirische Mittel. Grass wurde am 16. Oktober 1927 als Sohn eines Lebensmittelhändlers in Danzig (heute Gda?sk, Polen) geboren. Er besuchte das dortige Gymnasium Conradinum, wurde aber 1944, ehe er das Abitur ablegen konnte, zunächst zum Reichsarbeitsdienst und im November zu einer Panzerdivision der Waffen-SS eingezogen. Im Mai 1945 geriet er in amerikanische Gefangenschaft. Ab 1946 arbeitete er etwa ein Jahr lang in einem Bergwerk und absolvierte dann ein Steinmetzpraktikum. Von 1948 bis 1952 studierte er Bildhauerei und Graphik an der Kunstakademie in Düsseldorf, von 1953 bis 1956 Bildhauerei bei Karl Hartung an der Berliner Akademie der Schönen Künste. Danach lebte Grass bis 1959 in Paris. Auch gehörte er seit 1957 der Gruppe 47 an, deren Preis er ein Jahr später für Die Blechtrommel erhielt. (In der Erzählung Das Treffen in Telgte transponierte Grass die Gruppentreffen 1979 in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges.) 1960 übersiedelte Grass nach Berlin, wo er mit größeren Unterbrechungen - darunter Wewelsfleth (1972-1987) - lebte. Heute lebt er in Behlendorf bei Mölln (Schleswig-Holstein). Zwischen 1961 und 1972 unterstützte Grass in den Wahlkämpfen aktiv die SPD, namentlich deren Spitzenkandidaten Willy Brandt. Erst 1982 wurde er Mitglied der SPD, trat aber zehn Jahre später aus Protest gegen die Asylpolitik der Partei wieder aus. Er nahm häufig zu politischen Themen Stellung und wurde so zu einer gewichtigen Stimme im öffentlichen Leben der Bundesrepublik Deutschland. 1978 stiftete Grass zu Ehren seines großen Vorbilds Alfred Döblin den Alfred-Döblin-Preis. Von 1983 bis 1986 war er Präsident der Berliner Akademie der Künste. 1986/87 hielt sich Grass ein halbes Jahr lang in Kalkutta auf; der Besuch fand in der mit Zeichnungen versehenen Prosa Zunge zeigen (1988) seinen Niederschlag. Nach dem Fall der innerdeutschen Grenze warnte er dezidiert vor einer zu voreiligen Zusammenführung Ost- und Westdeutschlands. Grass ist Mitglied des PEN-Zentrums der Bundesrepublik Deutschland. Zu Grass' zahlreichen Literaturpreisen gehören der Georg-Büchner-Preis (1965), die Carl-von-Ossietzky-Medaille (1967), der Theodor-Fontane-Preis (1968), der italienische Premio Viareggio (1978), der Große Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (1994) und der spanische Prinz-von-Asturien-Preis (1999). 1999 wurde ihm als erstem deutschen Nachkriegsautor seit Heinrich Böll der Nobelpreis für Literatur verliehen. Seit 1993 ist Grass Ehrendoktor der Universitäten Kenyon College, Harvard, Posen und Danzig sowie Ehrenbürger von Danzig. 2 WERK Grass begann seine schriftstellerische Laufbahn als Lyriker. Seine Gedichtbände Die Vorzüge der Windhühner (1956), Gleisdreieck (1967) und Ausgefragt (1976) fanden allerdings wenig Beachtung beim Lesepublikum. Auch seine Theaterstücke waren im Vergleich zu den späteren Romanen wenig erfolgreich. In Stücken wie Hochwasser (1957), Onkel, Onkel (1957), Noch zehn Minuten bis Buffalo (1958) und Die bösen Köche (1957) spiegelt sich deutlich der Einfluss des Surrealismus wider. Gleiches gilt im Ansatz noch für das ,,deutsche Trauerspiel" Die Plebejer proben den Aufstand (1966), das sich dezidiert mit der Rolle Bertolt Brechts beim Arbeiteraufstand des 17. Juni 1953 auseinandersetzt. Hier zeigt Grass bereits jenes politische Engagement, das er im Roman örtlich betäubt (1969), einem Reflex auf die Studentenbewegung, fortschrieb. Grass' erster Roman, Die Blechtrommel (1959), der in barock-überbordender Sprachmanier ein weitschweifiges Panorama der dreißiger bis fünfziger Jahre entwerfen will, begründete seinen Weltruhm. Über die Figur Oskar Matzeraths, der im Alter von drei Jahren beschließt, mit dem Wachsen aufzuhören, wurde das engagierte Projekt einer Bestandsaufnahme von Kriegs- und Nachkriegsgeschichte aus der ,,Froschperspektive" eines bisweilen dämonisch-amoralischen Außenseiters formal wie thematisch brillant umgesetzt. Die 1979 entstandene filmische Bearbeitung von Volker Schlöndorff wurde mit einem Oscar für den besten nicht englischsprachigen Film ausgezeichnet. Gemeinsam mit der Novelle Katz und Maus (1961), in deren Verfilmung der älteste Sohn Willy Brandts, Peter, die Hauptrolle spielte, und dem Roman Hundejahre (1963) wurde Die Blechtrommel später zur so genannten Danziger Trilogie zusammengefasst. 1977 erschien mit Der Butt ein weiterer bedeutender Roman des Autors, der nach einer politisch-engagierten Schreibphase im Bestreben, ,,genauere Fakten zu erfinden als die, die uns als angeblich authentisch überliefert werden", wieder mehr von ästhetischen Interessen zeugt. Wie in der Blechtrommel, so wird auch hier Danzig zum Mikrokosmos eines historisch von der Jungsteinzeit bis in die Gegenwart gespannten Erzählraums, um von der Hybris der Menschheit angesichts ihrer drohenden Selbstvernichtung zu berichten. Der Titel selbst verweist dabei auf das Märchen Von dem Fischer und syne Fru, die die Zauberkraft eines Butts bis zu völligem Machtverlust über Gebühr in Anspruch nehmen. Grass' Roman Ein weites Feld (1995), in dem sich der Autor mit der Problematik der deutschen Wiedervereinigung auseinandersetzt, wurde äußerst kontrovers aufgenommen. Auf der einen Seite warf u. a. Marcel Reich-Ranicki dem Gegner einer ,,Vereinigung unter westdeutschem Vorzeichen", vor, einen sperrigen, quasi unlesbaren Roman von zweifelhafter, dem Vorbild Theodor Fontane nicht gerecht werdender literarischer Qualität verfasst zu haben (der Schriftsteller taucht in Gestalt des ,,Fonty" im Roman selbst auf). Andere Kritiker waren der Meinung, die negativen Rezensionen seien lediglich auf die politischen Positionen seines Autors zurückzuführen. Weitere Werke des Autors sind die Lyrikbände Mariazuehren (1973), Liebe geprüft (1974), Wie ich mich sehe (1980) und Mit Sophie in die Pilze gegangen (1987), die Essays Über das Selbstverständliche (1968), Aufsätze zur Literatur (1980), Widerstand lernen. Politische Gegenreden 1980-1983 (1984) und Rede vom Verlust. Über den Niedergang der politischen Kultur im geeinten Deutschland (1993), die Romane Kopfgeburten oder die Deutschen sterben aus (1980) und Die Rättin (1986; TV-Verfilmung 1997) sowie die Erzählung Unkenrufe (1992). Mein Jahrhundert (1999) ist eine sehr persönliche Bestandsaufnahme des 20. Jahrhunderts mit Aquarellen des Autors. Mit seiner Novelle Im Krebsgang (2002) kehrte Grass zum Großraum Ostsee als Schauplatz und zu den Menschen seiner Danziger Trilogie zurück. Das Werk beschäftigt sich mit dem Leiden der deutschen Bevölkerung während des 2. Weltkrieges und beschreibt den Untergang des mit mehreren Tausend deutschen Flüchtlingen besetzten Passagierschiffs Wilhelm Gustloff, das am 30. Januar 1945 durch ein russisches U-Boot versenkt wurde. Der Lyrikband Letzte Tänze (2003) versammelt sehr sinnliche, heitere, in schlichtem Ton vorgetragene Gedichte, ergänzt durch Illustrationen des Schriftstellers. In seiner Autobiographie Beim Häuten der Zwiebel (2006) erzählt Grass sein Leben von der Kindheit bis zum Jahr 1959, dem Erscheinungsjahr der Blechtrommel, das seinen literarischen Durchbruch bedeutete. Die titelgebende Metapher beschreibt den schwierigen Prozess des Erinnerns, zumal im Umgang mit der schuldbeladenen deutschen Vergangenheit zur Zeit des Nationalsozialismus. Kurz vor der Veröffentlichung der Autobiographie hatte Grass für ein beträchtliches Medienecho gesorgt, nachdem er in einem Interview seine (auch in dem Buch thematisierte) Mitgliedschaft bei der Waffen-SS gegen Ende des 2. Weltkrieges enthüllt hatte. Mit diesem Detail seiner Biographie so spät an die Öffentlichkeit gegangen zu sein, stieß weitgehend auf Unverständnis und trug ihm Kritik ein. Verfasst von: Thomas Köster Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.
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