Giovanni Boccaccio (Sprache & Litteratur).
Publié le 12/06/2013
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Giovanni Boccaccio (Sprache & Litteratur). 1 EINLEITUNG Giovanni Boccaccio (1313-1375), italienischer Dichter und Humanist. Mit seiner zwischen 1348 und 1353 entstandenen Erzählsammlung Il Decamerone (gedruckt 1470) beeinflusste er die Entwicklung nicht nur der italienischen Literatur nachhaltig und schuf das ultimative Strukturmuster der Novelle. Boccaccio wurde im Juni oder Juli 1313 als unehelicher Sohn des Florentiner Kaufmanns Boccaccio di Chellino und einer Frau aus einfachen Verhältnissen vermutlich in Florenz (vielleicht aber auch in Certaldo) geboren, wo er auch aufwuchs; das Gerücht, seine Mutter sei eine französische Prinzessin gewesen, ist wohl auf die bereits frühzeitige Mythisierung seiner Person zurückzuführen. Etwa 1327 begann er nach dem Umzug der Familie eine kaufmännische Ausbildung in Neapel, die er jedoch wieder aufgab, um kanonisches Recht und klassische Sprachen zu studieren. Boccaccio hielt sich häufig am Hofe Roberts d'Anjou auf, des Königs von Neapel. Dieser hatte angeblich eine uneheliche Tochter, Maria de Conti d'Aquino. Zwar ist ihre Existenz nicht definitiv belegt, doch vermutet man, dass sie Boccaccios Geliebte war und ihn zu vielen seiner Werke inspirierte. Möglicherweise war sie das Vorbild für die ,,Fiammetta" in seinen Schriften. 1332 entstand Boccaccios Elegia di Constanza. Zwischen 1339 und 1341 kehrte der Dichter nach Florenz zurück und war für die dortige Stadtregierung in verschiedenen diplomatischen Funktionen tätig. Auch war er 1346 am Hof Ostasios da Polenta in Ravenna und 1348 bei Francesco Ordelaffi in Forlì zu Gast. Nachdem er bereits 1339 die lateinische Epistel Mavatoris Miles an Petrarca gerichtet hatte, lernte er den berühmten Dichter und Humanisten 1350 kennen. Mit Petrarca verband ihn bis zu dessen Tod 1374 eine enge Freundschaft und die Absicht, das Studium der Antike voranzutreiben (auf seine Anregung entstand z. B. die erste vollständige Übersetzung der Schriften Homers ins Lateinische durch Leontio Pilato). 1351 wurde Boccaccio zum Stadtkämmerer von Mailand ernannt und reiste als Gesandter zu Ludwig dem Bayern. 1359 begründete er am Studio Fiorentiono den ersten Lehrstuhl für Griechisch. 1363 reiste er nach Neapel, weil ein dort ansässiger Freund ihm seine Vermittlungsdienste bei dem Vorhaben, Königin Joanna von Neapel als Mäzenin zu gewinnen, zugesagt hatte. Nachdem der Plan fehlgeschlagen war, wandte sich Boccaccio an Petrarca, der sich zu jener Zeit (1363) in Venedig aufhielt. Petrarcas Anerbieten, ihn aufzunehmen, lehnte Boccaccio jedoch ab und kehrte auf seinen Landsitz in Certaldo bei Florenz zurück. Während seiner letzten Lebensjahre suchte Boccaccio Zuspruch in Religion und Meditation. 1373 wurde ihm ein Lehramt an der Florentiner Universität angeboten; zuvor hatte er sich mit seiner - allerdings umstrittenen - Biographie Vita di Dante (entstanden 1360, gedruckt 1477, Das Leben Dantes) für die akademische Aufgabe qualifiziert. Diesen ersten Lehrstuhl zur Erklärung von Dantes Göttlicher Komödie musste er jedoch 1374 aufgrund seines schlechten Gesundheitszustands aufgeben und die Vorlesung abbrechen. Boccaccio starb am 21. Dezember 1375 unter großer Anteilnahme seiner Zeitgenossen im Herkunftsort seiner Familie in Certaldo bei Florenz. Andrea del Castagno stellte ihn in der Freskenfolge Berühmte Persönlichkeiten für die Villa Carducci in Legnaia (um 1450, heute Sant'Apollonia, Florenz) neben Dante und Petrarca dar. 2 WERK Boccaccios wichtigstes Werk - Il Decamerone - entstand zwischen 1348 und 1353 und machte seinen Autor weltberühmt; gedruckt wurde es 1470 und erschien erstmals 1472/73 unter dem Titel Decamerone in deutscher Sprache. Il Decamerone ist eine Sammlung von 100 kunstvoll und lebhaft erzählten Novellen, die in eine gemeinsame Rahmenhandlung eingebettet sind: Sieben Frauen und drei Männer verbringen gemeinsam zehn Tage auf einem Landgut in der Nähe von Florenz, während in der Stadt die Pest wütet. (1348 hatte Boccaccio während der Pestepidemie in Florenz seinen Vater und die Stiefmutter verloren.) Sie vertreiben sich die Zeit, indem sie einander reihum Geschichten erzählen. Den Abschluss eines jeden Tages bildet eine von einem der Erzähler vorgetragene Kanzone, ein Lied in Gedichtform. Vor allem in diesen Liedern offenbart sich Boccaccios herausragendes Talent als Lyriker. Nachdem die 100. Geschichte erzählt ist, kehrt die Gruppe in die Stadt zurück. Boccaccios Decamerone gilt als erstes und zugleich bestes Prosastück der italienischen Renaissanceliteratur. Es zeichnet sich durch die Vielfalt der sehr unterschiedlichen, bisweilen feierlich-ernsten, bisweilen derb-humorvollen Novellen aus sowie durch eine meisterliche Komposition und eine treffsichere Darstellung der Charaktere. Inhaltlich ist die Frage nach Liebesverrat und -moral vorherrschend, stilistisch der Einfluss der gemessenen lateinischen Rhetoriker nachweisbar. Boccaccio nutzte für dieses Werk eine Vielzahl von Quellen, darunter die französischen Fabliaux, griechische und lateinische Klassiker, Volkssagen, Märchen und Schwänke; nicht zuletzt schöpfte er aus der eigenen Beobachtung seiner Umgebung. Insofern, als er den Menschen selbst Einfluss auf sein Schicksal nehmen ließ und nicht als abhängig von der göttlichen Gnade darstellte, brach er dezidiert mit der mittelalterlichen literarischen Tradition. Auch das Element der hohen Minne tritt zugunsten einer eher triebhaft-sexuellen, dem Diesseits verhafteten Vorstellung zurück, ein Umstand, der Giolamo Savonarola dazu verleitete, das Decamerone öffentlich zu verbrennen (siehe Bücherverbrennung). Zu Boccaccios weiteren Schriften gehören drei Werke, deren Entstehen man dem Einfluss ,,Fiammettas" zuschreibt: Sein erstes längeres Prosawerk Il filocolo (ca. 1336) und der Roman Fiammetta (1343/44) erzählen von verschmähten Liebhabern, Il corbaccio o laberinto d'amore (ca. 1354, Corbaccio oder Das Liebeslabyrinth) ist eine - bisweilen frauenfeindliche - Satire. Boccaccios Versepos Il filostrato (ca. 1338, Troilus und Kressida) und die epische Dichtung Teseida (1340/41, Theseide) sind in Stanzen (auch Ottaverime oder Oktaven genannt) abgefasst, einem Versmaß, das Boccaccio meisterlich beherrschte (siehe Verslehre). Ferner verfasste er eine Anzahl gelehrter wissenschaftlicher und poetischer Schriften in lateinischer Sprache, darunter De Claris Mulieribus (etwa 1360-1374, Über berühmte Frauen). 3 NACHWIRKUNG Heute gilt Boccaccios Decamerone als Beginn der italienischen Kunstprosa und als eines der bedeutendsten Werke der Weltliteratur. Sein Novellenmodell war von großem Einfluss auf die gesamte europäische Literaturentwicklung. Il Decamerone beeinflusste viele namhafte Literaten und diente ihnen als Quelle für ihr eigenes Schaffen. Zu ihnen zählen so bedeutende Autoren wie Geoffrey Chaucer, François Rabelais, Miguel de Cervantes, William Shakespeare und John Dryden. So ist beispielsweise der Aufbau von Chaucers Werk Canterbury Tales (Die Canterbury-Geschichten), das ebenfalls eine Rahmenhandlung aufweist, Boccaccios Decamerone nachempfunden. Grandville illustrierte das Buch. Innerhalb der deutschen Literatur rühmte u. a. Johann Wolfgang von Goethe den ,,Boccaz", und die Romantiker lobten seine Sprachgewalt. Gotthold Ephraim Lessings so genannte Ringparabel aus dem Drama Nathan der Weise verdankt sich Boccaccios Novellensammlung. Noch Paul Heyses ,,Falkentheorie" nimmt konkret auf eine Erzählung aus Il Decamerone Bezug. Franz von Suppè komponierte 1879 die Operette Boccaccio (1879) nach seinem Leben, Pier Paolo Pasolini diente sein Werk zur Vorlage für den Film Decamerone von 1971. Verfasst von: Thomas Köster Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.
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