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Giacomo Casanova: Memoiren (Sprache & Litteratur).

Publié le 13/06/2013

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Giacomo Casanova: Memoiren (Sprache & Litteratur). Der italienische Abenteurer und Frauenheld Giacomo Casanova gehört zu den legendären Gestalten des ausgehenden 18. Jahrhunderts. In seinen berühmten Memoiren, die vier Jahrzehnte umfassen (von 1734 bis 1774), beschreibt er sein ereignisreiches, unkonventionelles Leben, das ihn durch ganz Europa führte. Er erlebte zahllose Amouren - sein Ruf als Liebhaber wurde sprichwörtlich -, er schloss Bekanntschaften mit hochrangigen Persönlichkeiten und führte ein Leben als Spieler, Hochstapler und Alchimist. Die Memoiren des Giacomo Casanova sind ein kulturhistorisches Zeugnis ersten Ranges. In dem ausgewählten Textabschnitt schildert der Autor seine erotische Annäherung an ein unbekanntes Mädchen. Bei dieser deutschen Ausgabe handelt es sich um eine stark bearbeitete Fassung von 1822 bis 1828. Giacomo Casanova: Memoiren Ich staunte das Mädchen an. Sie kam mir vor wie eine Fürstin, als Bäuerin verkleidet. Ihr Kleid von blauem gros-de-tour mit Gold gestickt war der höchste Luxus, denn es kostete das Doppelte eines Stadtkleides, und die goldenen Spangen am Arme, der Halskette entsprechend, waren ausnehmend reich. Ihr Wuchs, den ich in der Gondel nicht so hatte untersuchen können, glich dem einer Nymphe; und da die Landmädchen keine Mäntel trugen, so entdeckte ich am Umriß des bis an den Hals zugeknüpften Kleides die Schönheit ihres Busens. Der Rand des mit Gold besetzten Rockes reichte nur bis zu den Knöcheln und ließ durch den kleinen Fuß die Feinheit des Beines errathen. Der anmuthige, nicht gezierte Gang riß mich hin. Ihr frohes Gesicht schien zu sagen: ,,es freut mich recht, daß Sie mich hübsch finden." Ich begriff nicht, wie das Mädchen vierzehn Tage hatte in Venedig seyn können, ohne daß sich Jemand gefunden, der sie geheirathet oder hintergangen und verführt. Vertieft in diesen Betrachtungen und entschlossen, alles aufzubieten, diesem Meisterstück der Natur auf meine Weise Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, wartete ich ungeduldig auf das Ende der Messe. Nach dem Frühstück hatte ich alle Mühe, dem Pfarrer begreiflich zu machen, daß ich den letzten Platz einnehmen müßte; dagegen ward es mir leicht, gleich nach dem Eintreffen in Treviso ihn zu vermögen, daß er bis zum Mittagsessen verweilen und mit mir in einem Gasthof zu Nacht essen wollte, den fast kein Mensch besuchte. Er war gewonnen, sobald ich ihm nur die Versicherung gegeben, daß er nach dem Abendessen eine Kutsche finden würde, die ihn beim hellsten Mondenlicht nach Pr. bringen solle. Es drängte ihn nichts, als die bevorstehenden Feiertage und die Nothwendigkeit, in der Kirche die Messe zu lesen. Wir fliegen also in dem Gasthof ab, ich ließ Feuer machen, bestellte ein gutes Mittagsmahl und überlegte, ob ich nicht den Pfarrer selbst vermögen könnte, meinen Ring zu versetzen. Dann blieb ich eine Stunde allein mit seiner Nichte. Ich ersuchte ihn um die Gefälligkeit und gab vor, weil ich unbekannt zu bleiben wünsche, nicht selbst gehen zu dürfen. Er war erfreut, auf irgend eine Weise mir seine Dienstfertigkeit beweisen zu können, und geht. Ich sitze während dessen in Gesellschaft des reizenden Geschöpfes am Feuer. Eine Stunde verstreicht in Unterhaltungen, die durch die Naivetät der Sprecherin eben so sehr meine Neigung erweckten, wie ich bemüht war, ihr solche für mich einzuflößen. Nie konnte ich ihre fleischige Hand fassen, daß ich nicht vor Begierde sie zu küssen hätte sterben mögen. Aus den Memoiren des Venetianers Jacob Casanova de Seingalt, oder sein Leben, wie er es zu Dux in Böhmen niederschrieb. Nach dem Originalmanuskript bearbeitet von Wilhelm von Schütz. Zweiter Band. Leipzig 1822, S. 415-417. Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.

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