Georg Büchner (Sprache & Litteratur).
Publié le 12/06/2013
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Georg Büchner (Sprache & Litteratur). 1 EINLEITUNG Georg Büchner (1813-1837), Schriftsteller. Mit seinen Theaterstücken Dantons Tod (1835) und Woyzeck (1836) trug er maßgeblich zur Entwicklung der deutschen Dramatik bei. Der wichtigste Literaturpreis der Bundesrepublik, der Georg-Büchner-Preis, ist nach ihm benannt. Büchner wurde am 17. Oktober 1813 in Goddelau im Großherzogtum Hessen-Darmstadt geboren. Als Sohn eines Amtschirurgen studierte er ab 1831 in Straßburg und später (ab 1833) in Gießen Naturwissenschaften, Medizin und Philosophie. In Gießen befasste sich Büchner ausführlich mit der Geschichte der Französischen Revolution und begann, sich als Gegner der Reaktion politisch zu engagieren. Bereits in Straßburg allerdings war seine Idee gereift, gegen die bestehenden Verhältnisse - notfalls mit Gewalt - zu opponieren; ein Brief an die Eltern vom Juni 1833, der ,,revolutionäre Kinderstreiche" ausschließt, ist zur Beruhigung gedacht. 1834 gründete Büchner die Gießener Gesellschaft für Menschenrechte, die wohl in einem 1828 initiierten Schulzirkel ihren Ursprung hat, und verfasste unter dem Motto ,,Friede den Hütten, Krieg den Palästen" die vom Butzbacher Pfarrer Friedrich Ludwig Weidig (1791-1837) später entschärfte Flugschrift Der Hessische Landbote, die unter den Bauern der Region jedoch auf wenig Resonanz stieß. Schon bald nahm er eine führende Rolle in der politischen Opposition Oberhessens ein und betrieb deren Umgestaltung von liberaldemokratischen Ansichten zu sozialrevolutionären Idealen. Von seinem Vater nach Darmstadt zurückbeordert, begann Büchner unter dem Einfluss der Lektüre Spinozas und Rousseaus seinen Erstling Dantons Tod zu schreiben. Aufgrund seiner radikalen politischen Aktivitäten musste er Anfang März 1835 über Straßburg nach Zürich fliehen. Im selben Jahr wurde ein Steckbrief gegen ihn erlassen. In diese Zeit fällt auch eine Übersetzung von Victor Hugos Lucretia Borgia und Maria Tudor (jeweils 1835). In Zürich widmete sich Büchner neben seiner Tätigkeit als Privatdozent für Medizin dem Schreiben. 1836 promovierte er mit einer Arbeit über das Nervensystem der Barben (Sur le système nerveux du barbeau), deren stark vom Metamorphosegedanken Goethes geprägter Grundimpuls in einer Probevorlesung Über Schädelnerven und ihrem Angriff gegen eine teleologisch ausgerichtete Naturwissenschaft wieder aufgenommen wurden. Der Wunsch nach einer Professur an der Universität allerdings blieb unerfüllt: Büchner starb am 19. Februar 1837 im Alter von nur 23 Jahren in Zürich an Typhus. 2 WERK Bereits aus Büchners Schulzeit haben sich einige Texte überliefert. Neben der Rede zur Verteidigung des Cato von Utika (1830) und dem Aufsatz Über den Traum eines Arkadiers (1830) sind dies vor allem Gedichte (Gebadet in des Meeres blauer Flut, 1828; Die Nacht, 1828). Das erste Drama Büchners, die Tragödie Dantons Tod, entstand 1835. Es ist dies das einzige zu Lebzeiten des Autors publizierte Werk und wurde - in einer zensierten Fassung - mit erklärenden Zwischentexten von Karl Gutzkow noch im gleichen Jahr in Phoenix, dem Organ des Jungen Deutschland, erstpubliziert. (Alle anderen Texte des Autors sind nur in den Fassungen, Lesarten und Szenenzusammenstellungen der jeweiligen Editoren greifbar.) In Dantons Tod schildert Büchner anhand des Schicksals des Revolutionärs Georges Jacques Danton den verhängnisvollen Lauf der Geschichte und bringt dadurch wohl auch seine eigene Enttäuschung über den Ausgang der Französischen Revolution zum Ausdruck. Im Drama kommt jener Glaube an einen historischen Fatalismus zum Tragen, den sein Verfasser in einem Brief an seine Braut Wilhelmine (Minna) Jaeglé vom März 1834 formulierte und der mit nahezu wörtlichen Anklängen im Drama wiederkehrt: ,,Der Einzelne nur Schaum auf der Welle, die Größe ein bloßer Zufall, die Herrschaft des Genies ein Puppenspiel, ein lächerliches Ringen gegen ein ehernes Gesetz, es zu erkennen das höchste, es zu beherrschen unmöglich ... Was ist das, was in uns lügt, mordet, stiehlt?" So wird Danton letztlich nicht seine von Robespierre ihm zur Last gelegte aristokratische Genusssucht zum Verhängnis, sondern seine (passive) Rolle im Fortgang der Geschichte. Wie alle anderen Figuren des Dramas - einschließlich Robespierres - ist er nicht länger Herr seines Geschicks, sondern Spielball der ihn übermannenden Träume und einer übermächtigen, von der Revolution ihren Kindern aufgezwungenen Sprache. Die Guillotine ist der eigentliche Held des Stücks. So erfüllt sich die Rede des zynischen Rhetorikers Saint-Just, der, Hegels Idee vom ,,Weltgeist" zitierend, das Individuum unter das zerstörende Gesetz der Natur gestellt sieht: ,,Die Natur folgt unwiderstehlich ihren Gesetzen, der Mensch wird vernichtet, wo er mit ihnen in Konflikt kommt". Büchners Woyzeck (1836), das erste soziale Drama der deutschen Literatur, schildert die Tragödie eines einfachen und verwirrten Mannes, der unter dem Druck sozialer Ungerechtigkeit zum Mörder seiner Geliebten wird. In diesem Fragment gebliebenen Stück kommt Büchners pessimistische Lebenshaltung besonders klar zum Ausdruck und erhält durch die Woyzeck entgegengestellten, der Lächerlichkeit preisgegebenen Autoritätsfiguren des Hauptmanns und des Doktors einen stark gesellschafts- und ideologiekritischen Impuls. ,,Moral ist, wenn man moralisch ist", lautet die in Tautologien sich ergehende ethische Aporie der Obrigkeit. Gleichzeitig wird die gegen den Idealismus Schillers gerichtete Poetologie Büchners in die Praxis umgesetzt, die dieser der Titelfigur Jakob Michael Reinhold Lenz in seiner grandiosen Erzählung Lenz (posthum 1839) in den Mund gelegt hatte: ,,Der Dichter und Bildende ist mir der Liebste, der mir die Natur am Wirklichsten gibt ... Alles übrige stört mich." Neben dieser Realitätsnähe wirkte der Aufbau des Dramas innovativ, da Büchner die Szenen nicht mehr, wie sonst üblich, logisch und ohne Sprünge aufeinander folgen ließ, sondern größtenteils - wie später im epischen Theater Bertolt Brechts - ateleologisch reihte (siehe episches Theater). Den Stoff des Woyzeck verarbeitete der österreichische Komponist Alban Berg zu seiner berühmten Oper Wozzeck (uraufgeführt 1925; der Titel geht auf einen Lesefehler des Büchner'schen Manuskripts zurück). Büchners einziges Lustspiel Leonce und Lena (1838) trägt sozialkritisch-satirische Züge, mit deutlicher Affinität allerdings zum Märchendrama der Romantik. Der Gedanke einer existentiellen Langeweile des Daseins, der bereits in Dantons Tod anklang (,,Das ist sehr langweilig immer das Hemd zuerst und dann die Hosen drüber zu ziehen und des Abends in's Bett und Morgens wieder raus zu kriechen und einen Fuß immer so vor den andern zu setzen"), ist hier deutlich auf die Nutzlosigkeit der Adelsschicht bezogen. Von der Literaturwissenschaft lange Zeit als zweitrangig eingestuft, wird die sprachkomische Brisanz des ursprünglich für einen Dichterwettbewerb des Cotta-Verlags geschriebene Stück heute allgemein anerkannt. Sowohl Woyzeck als auch Leonce und Lena wurden erst nach Büchners Tod uraufgeführt. Sie beeinflussten maßgeblich die Entwicklung des deutschen Dramas. Vor allem Woyzeck gilt als Vorläufer der in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts entstandenen naturalistischen Dramen, in denen Themen wie Armut und soziale Unterdrückung im Zentrum standen (Naturalismus). Auch im Expressionismus wurden Dantons Tod und Woyzeck stark rezipiert. Verfasst von: Thomas Köster Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.
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