Duke Ellington - Musik. 1 EINLEITUNG Duke Ellington, eigentlich Edward Kennedy Ellington, (1899-1974), amerikanischer Jazzmusiker; Pianist, Komponist und Bandleader. Er gilt als wichtigster Protagonist der Big-Band-Ära. 2 DIE ANFÄNGE Ellington wurde am 29. April 1899 in Washington geboren. Sein Vater James Edward betrieb als Butler einen Partyservice in der Stadt, seine Mutter Daisy Kennedy stammte aus gehobenen schwarzen Verhältnissen und wurde im viktorianischen Geist streng religiös erzogen. Wie in gutbürgerlichen Kreisen üblich, bekam er vom siebten Lebensjahr an Klavierunterricht, zunächst bei seiner Mutter, dann bei verschiedenen Privatlehrern. Er war ein musikalischer, aber nachlässiger Schüler mit Vorliebe für gepflegtes Äußeres, was ihm schon zu Schulzeiten in der Garrison Junior High School und der Armstrong Technical High School den Spitznahmen ,,Duke" einbrachte. Ellington war 14 Jahre alt, als er über den Pianisten Harvey Brooks erstmals intensiver mit Ragtime- und Blues-verwandten Spieltechniken in Berührung kam, die ihn der populären Musik näher brachten. Nachdem er 1917 den High-School-Abschluss nicht geschafft hatte, gewann er - gleichermaßen zeichnerisch wie musikalisch begabt - einen Plakatwettbewerb, der ihm ein Stipendium am Pratt Institute in New York einbrachte. Im Juli 1918 heiratete er seine Schulkollegin Edna Thomson. Ellington sammelte erste musikalische Erfahrungen als professioneller Musiker in seiner Heimatstadt mit Sonny Greer und Elmer Snowden und versuchte in der Folge, als Schildermaler und Barpianist in Brooklyn sein Geld zu verdienen. Der aufstrebende Musiker spielte 1922 bei der angesehenen Showband von Wilbur Sweatman, ehe er noch im selben Jahr aus finanziellen Gründen nach Washington zurückkehrte. Auf den Rat Fats Wallers hin wagte er jedoch 1923 einen zweiten Anlauf in der Metropole des noch jungen Jazz, der erfolgreicher werden sollte. 3 COTTON CLUB UND SWINGKARRIERE Ellington bekam ein Engagement in der Band The Washingtonians seines früheren Weggefährten, dem Banjospieler Snowden. Bis 1927 sammelte er auf diese Weise reichlich Berufserfahrung, die er durch eigene Projekte ergänzte. Er baute das erste Ellington-Orchester zur Grundlage seiner späteren Karriere aus und verwirklichte erste ungewöhnliche Aufnahmen wie East St-Louis Toodle-Oo (1927) und Creole Love Call (1927). Ein lokaler Radiosender übertrug allabendlich seine Musik, und so avancierte der elegante Pianist zum Stadtgespräch. Als der renommierte Cotton Club ein Orchester suchte, fiel daher die Wahl auf Ellingtons Ensemble, das er aus diesem Anlass auf zwölf Musiker erweiterte. Vom ersten Engagement am 4. Dezember 1927 bis zum Jahr 1932 prägte er von dort aus den Sound des frühen Swing, der über den Rundfunk landesweit populär gemacht wurde. Finanziell abgesichert, konnte er seinem Talent freien Lauf lassen und komponierte eine Reihe von Hits wie Mood Indigo (1930), It Don't Mean A Thing (1932), denen bald darauf Klassiker wie Solitude (1933), Sophisticated Lady (1933) und In A Sentimental Mood (1935) folgten. In seiner Band waren die besten Musiker der Epoche wie der Klarinettist Barney Bigard, der Trompeter Cootie Williams und der Saxophonist Johnny Hodges zu hören. Im Jahr 1933 tourte er zum ersten Mal durch Europa, wurde enthusiastisch gefeiert und bleib daraufhin fast ununterbrochen auf Konzertreise. In den späten dreißiger Jahren gehörte das Duke Ellington Orchestra zu den bekanntesten Ensembles des Jazz, das schon aufgrund der erstaunlichen Produktivität des Bandleaders ständig neue publikumswirksame Stücke präsentierte. Hinzu kamen personelle Veränderungen, die Ellington unterstützten. Zunächst stieß der Bassist Jimmy Blanton zum Ensemble, der als einer der ersten sein Instrument von der ausschließlichen Funktion des Vierteltonbegleitens emanzipierte. Zeitgleich mit Walter Page entwickelte er die Technik des Walking Bass, einer skalenbezogenen Variationsform fließender Linienbildung, die ab dem Bebop zur Grundlage des modernen Bassspiels werden sollte. Außerdem gehören seine Duos mit Ellington von 1941 zu den frühesten Dokumenten kammermusikartiger Kleinformationen. Wichtig wurde für Ellington die Begegnung mit Billy Strayhorn (1915-1967), einem jungen Pianisten, Komponisten und Arrangeur, dessen musikalische Vorstellungen sich ideal mit seinen eigenen ergänzten. Der Neuzugang im Orchester blieb bis zu seinem Tod Ellingtons künstlerischer Gegenpol, schrieb zentrale Lieder wie Chelsea Bridge, Johnny Come Lately sowie Blood Count und verhalf 1941 dem Orchester mit Take The ,,A" Train zur Erkennungshymne, die es über die Jahre hinweg behalten sollte. Darüber hinaus entstanden bis Mitte der vierziger Jahre umfangreiche Kompositionen wie das Musical Jump For Joy (1941) und die konzertante Suite Black, Brown and Beige, die 1943 in der Carnegie Hall uraufgeführt wurde und der weitere Großwerke wie Deep South Suite, Blutopia, Blue Bells Of Harlem, Liberian Suite und New World A-Comin' folgen sollten. 4 STAGNATION UND COMEBACK Mitte der Vierziger erlebte der Jazz seine bislang größte Veränderung. Mit dem Ende des 2. Weltkrieges verloren die Big Bands als amerikanisches Propagandainstrument zur Stärkung der Truppenmoral an Gewicht. Die staatliche Förderung blieb aus, zahlreiche Ensembles lösten sich auf. Zugleich veränderte der Bebop die Vorzeichen der Interpretation, stellte das kreative Individuum anstatt der Ensembledisziplin in den Mittelpunkt und kreierte eine Mode jenseits der bislang gewünschten Unterhaltung. Kaum jemand interessierte sich noch für Swing-Musiker wie Duke Ellington. Trotzdem hielt er sein Orchester zusammen, finanzierte es von den Tantiemen und komponierte große sinfonische Werke wie Harlem (1951). Rückschläge wie die Kündigung wichtiger Instrumentalisten nahm er hin, ließ Johnny Hodges, Sonny Greer und Lawrence Brown 1951 gehen und engagierte stattdessen Clark Terry, Jimmy Woody und Louis Belson. Völlig unerwartet gelang ihm 1956 beim Festival in Newport ein Comeback, als der junge Saxophonist Paul Gonsalves eigenmächtig ein energetisches Solo über 27 Chorusse von Crescendo And Diminuendo In Blue spielte (Ellington At Newport, 1956). Die Presse reagierte begeistert, Ellington war wieder im Gespräch und schaffte es, auch in der Folge präsent zu bleiben. Umjubelte Konzerte wie mit Ella Fitzgerald 1958 (Ella At Duke's Place, 1965), Filmsoundtracks wie Anatomy Of A Murder (1959), Paris Blues (1960) und Assault On A Queen (1966), Suiten wie The Far East Suite (1966), aber auch ungewohnte Formationen wie das Trio mit Charles Mingus und Max Roach (Money Jungle, 1962) rehabilitierten ihn in den Augen der Jazzöffentlichkeit als einen den wichtigsten Meister der improvisierenden Moderne. Zu seinem 70. Geburtstag wurde er im Weißen Haus geehrt. Seine späten geistlichen Werke wie die drei Sacred Concerts (1965/66/73) blieben für manchen Fan unverständlich. Obwohl nicht explizit religiös, fesselten ihn zunehmend geistliche Themen und musikalische Großformen, die in Ballettmusiken wie The River und verschiedene opulente Werke wie Murder In The Cathedral, La Plus Belle Africaine, Afro-Eurasian Eclipse und weitere Suiten mündete. Obwohl sich Ellingtons Gesundheitszustand Anfang der siebziger Jahre verschlechterte, trieb er die Premiere seines dritten Sacred Concert im Oktober 1973 in der Londoner Westminster Abbey voran. Kurz darauf erkrankte er erneut, sodass seine Band ohne ihn arbeiten musste. Seine Memoiren erschienen unter dem Titel Music Is My Mistress (1973; Die Autobiographie, 1974). Duke Ellington starb am 24. Mai 1974 in New York. Mit Duke Ellington bekam der Jazz seine Form. Zwar gab es vor ihm einflussreiche Musiker wie Louis Armstrong, Jelly Roll Morton oder George Gershwin, die charakteristische Individualstile entwickelt hatten. Sie orientierten sich jedoch überwiegend an bereits vorhandenen Traditionen, die von den Marching Bands bis zum Sinfonieorchester fertige Muster der Interpretation vorgaben. Ellington hingegen schaffte es in den frühen dreißiger Jahren, als praxiserprobter und immens produktiver Autodidakt seine Musik wirkungssicher und klangfarbenreich zu arrangieren, indem er den einzelnen Stimmen der Instrumente über die Begleitung der Melodien hinaus eigenständige Funktionen gab. Er schuf auf diese Weise die akustische Grundlage des Big Band Swing und das Basisrepertoire des ,,Great American Songbooks". Schätzungen nach komponierte Ellington insgesamt rund 3 000 Stücke, von Hits wie Sophisticated Lady, It Don't Mean A Thing, If It Ain't Got That Swing oder Mood Indigo bis hin zu den Suiten und komplexen geistlichen Werken der späten Jahre. Ellington überwand die 3-Minuten-Grenze der Schellackplatte bereits 1931 mit Creole Rhapsody, die er auf der Rückseite des Tonträgers fortsetzte, und beanspruchte auf diese Weise für den Jazz einen zumindest partiellen Kunstcharakter in einer Zeit, da er - mit Ausnahme seltener Initiativen wie von Paul Whiteman - hauptsächlich funktional zur Unterhaltung genützt wurde. Darüber hinaus entwickelte Ellington einen ökonomisch pointierten Spielstil am Klavier, dessen oktavbetonte Harmonisierung der Akkorde die rhythmisch betonten Figuren der Ragtime- und Harlem Stride-Überlieferung ergänzten. Als führender Bandleader des Swing, der es verstand, sein Orchester auch über Phasen wie die vom Bebop bestimmten fünfziger Jahren hinweg zu erhalten und dessen Sound stetig zu modifizieren, wurde er schließlich zur Konstante des modernen, traditionsbezogenen Jazz, der die populäre amerikanische Musik des 20. Jahrhunderts nachhaltig prägte. Verfasst von: Ralf Dombrowski Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.