Deutsch-Französischer Krieg - Geschichte. 1 EINLEITUNG Deutsch-Französischer Krieg, Krieg von 1870/71 zwischen Frankreich auf der einen und den deutschen Staaten unter der Führung Preußens auf der anderen Seite, der dritte und letzte der Reichseinigungskriege. Dem Konflikt lag die Absicht Preußens bzw. des preußischen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck zugrunde, Preußens Machtstellung in Europa auszubauen und zu diesem Zweck den Einfluss Frankreichs in Europa zurückzudrängen. Auf der anderen Seite versuchte der Kaiser der Franzosen, Napoleon III., in Frankreich und im Ausland das Ansehen wiederzugewinnen, das er auf Grund zahlreicher politischer Rückschläge verloren hatte, besonders in Folge des Deutschen Krieges von 1866 zwischen Preußen und Österreich, der die Kräfteverhältnisse in Europa deutlich zugunsten Preußens und zuungunsten Frankreichs verschoben hatte. Außerdem bedeutete die militärische Stärke Preußens, die im Krieg mit Österreich offenbar geworden war, eine ständige Bedrohung für Frankreich. 2 DIE URSACHEN Das Ereignis, das schließlich direkt zum Ausbruch des Deutsch-Französischen Krieges führte, war die Kandidatur des Prinzen Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen, eines entfernten Verwandten des preußischen Königs Wilhelm I., für den spanischen Thron, der durch die Spanische Revolution von 1868 frei geworden war. Wilhelm war gegen die Kandidatur Leopolds, aber Bismarck überredete Leopold zur Annahme des spanischen Thrones. Frankreich sah in der Übernahme des spanischen Thrones durch ein Mitglied des Hauses Hohenzollern und in einem möglich spanisch-preußischen Bündnis eine Störung des europäischen Kräftegleichgewichts und eine Gefährdung der Interessen Frankreichs. Deshalb drohte Frankreich Preußen mit Krieg für den Fall, dass Leopold seine Kandidatur nicht zurückziehe. Der französische Botschafter am preußischen Hof, Vincent Graf Benedetti, wurde nach Bad Ems, wo sich Wilhelm I. gerade aufhielt, entsandt, mit dem Auftrag, den preußischen König aufzufordern, Prinz Leopold zur Rücknahme seiner Kandidatur zu bringen. Am 12. Juli 1870 verzichtete Leopold auf Betreiben Wilhelms offiziell auf die spanische Thronkandidatur. Die französische Regierung war mit diesem Verzicht auf den spanischen Thron jedoch noch nicht zufrieden und willens, Preußen zu demütigen, selbst unter Gefährdung des Friedens. Der französische Außenminister, der Herzog von Gramont, forderte von Wilhelm ein persönliches Entschuldigungsschreiben an Napoleon III. und vor allem eine Garantie des Verzichts der Hohenzollern auf den spanischen Thron auch für die Zukunft. Wilhelm lehnte diese Forderungen Graf Benedetti gegenüber ab. Ein Bericht über diese Unterredung zwischen Wilhelm und Benedetti ging am 13. Juli 1870 per Telegramm aus Bad Ems an Otto von Bismarck ab. Gleichzeitig erhielt Bismarck die Zustimmung Wilhelms zur Veröffentlichung der französischen Forderungen und der preußischen Ablehnung. Bismarck überarbeitete das Telegramm, so dass die französischen Forderungen schließlich den Charakter eines Ultimatums bekamen. Bismarck war sich im Klaren, dass er mit dieser so genannten Emser Depesche - besonders vor dem Hintergrund der bestehenden französisch-preußischen Spannungen - eine Kriegserklärung Frankreichs provozieren würde; aber er war sich auch bewusst, dass Preußen gut vorbereitet war. Außerdem zählte er auf die psychologische Wirkung einer Kriegserklärung seitens Frankreichs: Sie würde die süddeutschen Staaten für die Sache Preußens gewinnen, und somit wäre ein weiterer, vielleicht der letzte Schritt zur Einigung Deutschlands getan. 3 DER BEGINN DES KRIEGES Am 19. Juli 1870 erklärte Frankreich Preußen den Krieg. Die süddeutschen Staaten schlossen sich sogleich Preußen in einer gemeinsamen Front gegen Frankreich an. Ein Bündnis Frankreichs mit Österreich-Ungarn kam nicht mehr zustande; Österreich-Ungarn sah sich im Gegenteil nach russischen Drohungen zur Neutralität gezwungen, desgleichen blieben Italien, mit dessen Parteinahme für Frankreich Napoleon III. gerechnet hatte, sowie England neutral. Frankreich verfügte über nur etwa 200 000 Soldaten, während die deutschen Staaten rasch etwa 400 000 Mann mobilisieren konnten. Die deutschen Truppen standen unter dem Oberkommando Wilhelms und seines Generalstabschefs Helmuth Graf von Moltke. Drei deutsche Armeen marschierten unter der Führung von General Karl Friedrich von Steinmetz, Prinz Friedrich Karl und Kronprinz Friedrich Wilhelm - als Friedrich III. später König von Preußen und deutsche Kaiser - von der Pfalz aus in Frankreich ein. Die erste Begegnung, ein kleineres Gefecht, gewannen am 2. August die Franzosen, die ein preußisches Kommando aus Saarbrücken vertrieben. In den folgenden Schlachten bei Weißenburg (4. August), Wörth und Spichern (6. August) wurden die Franzosen unter dem Marquis de MacMahon allerdings geschlagen. MacMahon erhielt den Befehl, sich nach Châlons zurückzuziehen. Achille François Bazaine, der Befehlshaber der französischen Rheinarmee wurde angewiesen, seine Stellungen und vor allem Metz selbst um jeden Preis zu halten. Am 12. August übergab der französische Kaiser das Oberkommando an Bazaine, der dann in den großen Schlachten bei Vionville (15. August) und Gravelotte (18. August) schwere Niederlagen hinnehmen und sich nach Metz zurückziehen musste. Dort wurde er von zwei deutschen Armeen belagert. MacMahon wurde daraufhin zum Entsatz von Metz beordert. Am 30. August überraschten und besiegten die Deutschen MacMahons Vorhut bei Beaumont; MacMahons Hauptarmee wurde nach Sedan zurückgedrängt. 4 DIE SCHLACHT BEI SEDAN UND DIE GEFANGENNAHME NAPOLEONS III. Die Entscheidungsschlacht des Krieges wurde am Morgen des 1. September 1870 bei Sedan eröffnet (siehe Schlacht bei Sedan). Gegen 7.00 Uhr morgens wurde MacMahon schwer verwundet, und eineinhalb Stunden später übernahm General Emanuel Félix de Wimpffen das Oberkommando. Die Schlacht dauerte bis 16.15 Uhr nachmittags, als Napoleon, der mittlerweile in Sedan eingetroffen war, das Kommando übernahm und, da er die Aussichtslosigkeit der Lage erkannte, befahl, die weiße Fahne zu hissen. In der Nacht wurden die Kapitulationsbedingungen ausgehandelt; am nächsten Tag kapitulierte Napoleon mit 83 000 Mann vor den Deutschen und wurde mit seiner gesamten Armee gefangen genommen. Als die Nachricht von der Gefangennahme des französischen Kaisers in Paris eintraf, kam es zu einem Aufstand, die gesetzgebende Versammlung wurde aufgelöst, und am 4. September 1870 wurde die französische Republik ausgerufen. Noch im September kapitulierte auch Straßburg, und damit verloren die Franzosen ihre letzte Hoffnung, den deutschen Vormarsch doch noch aufhalten zu können. Die deutschen Truppen rückten auf Paris vor und schlossen die Stadt ab Mitte September ein. Am 7. Oktober gelang dem Innen- und Kriegsminister der neuen französischen Regierung, Léon Gambetta, mit einem Freiballon die dramatische Flucht aus Paris. Zusammen mit Charles Louis de Saulces de Freycinet erklärte er die Stadt Tours zur provisorischen Hauptstadt. Von dort aus leiteten die beiden die Aufstellung und Ausrüstung von 36 Divisionen, die zum Entsatz von Paris vorgesehen waren. Im Dezember 1870 und Januar 1871 wurden diese Truppen jedoch von den Deutschen bei Orléans, Le Mans, Amiens und Saint Quentin geschlagen. 5 DIE BELAGERUNG VON PARIS, DIE FRANZÖSISCHE KAPITULATION UND DIE DEUTSCHE BESATZUNG Am 27. Oktober 1870 kapitulierte Marschall Bazaine mit 173 000 Mann in Metz. Paris wurde auf Drängen Bismarcks, der ein rasches Ende des Krieges herbeiführen wollte, bevor eventuell die neutralen Staaten eingreifen konnten, belagert und beschossen. Die Bürger der Stadt versuchten, den Feind mit primitiven und improvisierten Waffen abzuwehren. Als aber die Versorgungslage in Paris immer katastrophaler wurde, sah sich die Stadt am 19. Januar 1871 gezwungen, Kapitulationsverhandlungen aufzunehmen. Einen Tag davor, am 18. Januar, war Wilhelm I., der preußische König, im Spiegelsaal von Schloss Versailles zum deutschen Kaiser gekrönt worden - der Höhepunkt in Bismarcks unablässigen Bemühungen um die Einigung Deutschlands (Reichsgründung). Die formelle Kapitulation der Stadt Paris, verbunden mit einem Waffenstillstandsabkommen, erfolgte am 28. Januar 1871. Eine französische Nationalversammlung, die in Hinblick auf die Friedensverhandlungen gewählt worden war, trat am 13. Februar in Bordeaux zusammen und wählte Adolphe Thiers zum ersten Präsidenten der Dritten Republik; am 26. Februar kam der Vorfriede von Versailles zustande. Im März erhoben sich die Pariser gegen die neue Nationalversammlung und errichteten die Pariser Kommune. Die Kommune war gegen die preußischen Friedensbedingungen und kämpfte erbittert gegen die Regierungstruppen, die Thiers zur Unterdrückung der Kommune entsandt hatte. Im Mai ergaben sich schließlich die Revolutionäre. Der Friede von Frankfurt am Main, der am 10. Mai 1871 unterzeichnet wurde, beendete den Krieg zwischen Frankreich und Deutschland formell. Frankreich trat das Elsass (mit Ausnahme von Belfort) und einen Teil Lothringens einschließlich Metz an das Deutsche Reich ab und wurde zu einer Kriegsentschädigung in Höhe von fünf Milliarden Goldfranc verpflichtet; bis zur vollständigen Begleichung des Betrages sollten deutsche Besatzungstruppen in Frankreich verbleiben. Diese Auflage wurde im September 1873 zurückgenommen, und noch im selben Monat zogen die letzten deutschen Besatzungstruppen aus Frankreich ab. Der Deutsch-Französische Krieg hatte die Vollendung der Einigung Deutschlands unter preußischer Führung gebracht; er hatte zugleich das Kräfteverhältnis in Europa weiter zugunsten des neuen Deutschen Reiches und zuungunsten Frankreichs verändert und infolge der Abtretung Elsass-Lothringens den deutsch-französischen Gegensatz vertieft. Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.