Clausewitz: Vom Kriege - Geschichte.
Publié le 15/06/2013
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Clausewitz: Vom Kriege - Geschichte. 1812 konnte sich Carl von Clausewitz als Offizier der unterlegenen russischen Armee von der Schlagkraft der französischen Grande Armée überzeugen. Unter diesem Eindruck versuchte er eine Theorie des Krieges für Preußen zu entwerfen, mit der es möglich sein sollte, die Kriegstechniken des französischen Volksheeres zu übernehmen. ,,Die politische Absicht ist der Zweck, der Krieg das Mittel" lautet die Quintessenz seiner Überlegungen. Bei Clausewitz wird so die Hingabe an die soldatische Pflicht zu einem politischen Glaubenssatz, der den Einzelnen der Verantwortung enthebt, über politische Zusammenhänge nachzudenken. Vom Kriege Man weiß freilich, daß der Krieg nur durch den politischen Verkehr der Regierungen und der Völker hervorgerufen wird; aber gewöhnlich denkt man sich die Sache so, daß mit ihm jener Verkehr aufhöre und ein ganz anderer Zustand eintrete, welcher nur seinen eigenen Gesetzen unterworfen sei. Wir behaupten dagegen: Der Krieg ist nichts als eine Fortsetzung des politischen Verkehrs mit Einmischung anderer Mittel. Wir sagen, mit Einmischung anderer Mittel, um damit zugleich zu behaupten, daß dieser politische Verkehr durch den Krieg selbst nicht aufhört, nicht in etwas ganz anderes verwandelt wird, sondern daß er in seinem Wesen fortbesteht, wie auch die Mittel gestaltet sein mögen, deren er sich bedient, und daß die Hauptlinien, an welchen die kriegerischen Ereignisse fortlaufen und gebunden sind, nur seine Lineamente sind, die sich zwischen den Krieg durch bis zum Frieden fortziehen. Und wie wäre es anders denkbar? Hören denn mit den diplomatischen Noten je die politischen Verhältnisse verschiedener Völker und Regierungen auf? Ist nicht der Krieg bloß eine andere Art von Schrift und Sprache ihres Denkens? Er hat freilich seine eigene Grammatik, aber nicht seine eigene Logik. Hiernach kann der Krieg niemals von dem politischen Verkehr getrennt werden, und wenn dies in der Betrachtung irgendwo geschieht, werden gewissermaßen alle Fäden des Verhältnisses zerrissen, und es entsteht ein sinn- und zweckloses Ding. Diese Vorstellungsart würde selbst dann unentbehrlich sein, wenn der Krieg ganz Krieg, ganz das ungebundene Element der Feindschaft wäre, denn alle die Gegenstände, auf welchen er ruht und die seine Hauptrichtungen bestimmen, eigene Macht, Macht des Gegners, beiderseitige Bundesgenossen, gegenseitiger Volksund Regierungscharakter usw., wie wir sie im ersten Kapitel des ersten Buches aufgezählt haben, sind sie nicht politischer Natur und hängen sie nicht mit dem ganzen politischen Verkehr so genau zusammen, daß es unmöglich ist, sie davon zu trennen? - Aber diese Vorstellungsart wird doppelt unentbehrlich, wenn wir bedenken, daß der wirkliche Krieg kein so konsequentes, auf das Äußerste gerichtetes Bestreben ist, wie er seinem Begriff nach sein sollte, sondern ein Halbding, ein Widerspruch in sich; daß er als solcher nicht seinen eigenen Gesetzen folgen kann, sondern als Teil eines andern Ganzen betrachtet werden muß, - und dieses Ganze ist die Politik. Die Politik, indem sie sich des Krieges bedient, weicht allen strengen Folgerungen aus, welche aus seiner Natur hervorgehn, bekümmert sich wenig um die endlichen Möglichkeiten und hält sich nur an die nächsten Wahrscheinlichkeiten. Kommt dadurch viel Ungewißheit in den ganzen Handel, wird er also zu einer Art Spiel, so hegt die Politik eines jeden Kabinetts zu sich das Vertrauen, es dem Gegner in Gewandtheit und Scharfsicht bei diesem Spiel zuvorzutun. So macht also die Politik aus dem alles überwältigenden Element des Krieges ein bloßes Instrument; aus dem furchtbaren Schlachtschwert, was mit beiden Händen und ganzer Leibeskraft aufgehoben sein will, um damit einmal und nicht mehr zuzuschlagen, einen leichten handlichen Degen, der zuweilen selbst zum Rapier wird und mit dem sie Stöße, Finten und Paraden abwechseln läßt. So lösen sich die Widersprüche, in welche der Krieg den von Natur furchtsamen Menschen verwickelt, wenn man dies für eine Lösung gelten lassen will. Carl von Clausewitz: Vom Kriege. 1832-1834. Stuttgart o.J., S. 329-331. Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.
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