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Anarchismus Anarchismus (von griechisch anarchía: Herrschaftslosigkeit), politisch-philosophische Denkrichtung, die im frühen 19.

Publié le 16/06/2013

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Anarchismus Anarchismus (von griechisch anarchía: Herrschaftslosigkeit), politisch-philosophische Denkrichtung, die im frühen 19. Jahrhundert entstand und die jedwede Form von Herrschaft und deren Institutionen ablehnt. Zentrales Anliegen des Anarchismus ist die Errichtung einer herrschaftsfreien Gesellschaft, d. h. einer Gesellschaft ohne Unterdrückung und Ausbeutung, ohne staatliche Institutionen wie Justiz und Militär, einer Gesellschaft, deren Mitglieder frei, gleichberechtigt und autoritätslos zusammenleben. Grundlegend ist die Freiheit des Einzelnen, sich losgelöst von jeder Unterdrückung und Kontrolle verwirklichen zu können - jedoch mit der Einschränkung, dass anderen kein Schaden zugefügt werden darf. Hieraus folgt des Weiteren das Recht der Allgemeinheit, auf Individuen, die den Frieden der Gemeinschaft in gewalttätiger Form stören, eine wirksame Form der sozialen Kontrolle auszuüben - allerdings ohne sich hierzu irgendwelcher Herrschaftsinstrumente zu bedienen. Man unterscheidet prinzipiell zwei anarchistische Denkrichtungen: Neben dem individualistischen Anarchismus, wie er in extremer Ausprägung etwa von Max Stirner (Der Einzige und sein Eigentum, 1845) vertreten wurde, entwickelte sich später die Idee eines kollektivistischen Anarchismus, der u. a. die Abschaffung herkömmlicher Eigentumsansprüche propagierte. Der philosophische Hintergrund des Anarchismus liegt u. a. in der Lehre vom Gesellschaftsvertrag: Danach führt die Freiheit von (vernünftig handelnden) Individuen zwangsläufig zu einer harmonischen, sich fortschrittlich entwickelnden Gesellschaft. Die der Französischen Revolution entlehnten Ideale von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit bildeten zugleich einen Berührungspunkt mit der frühen sozialistischen Bewegung des 19. Jahrhunderts. Der Frühsozialist Pierre Joseph Proudhon gilt allgemein als Begründer des kollektivistischen Anarchismus. Mit seiner Kritik am nicht durch Arbeit erworbenen Eigentum (Zinsen, Handelsgewinne etc.) und seiner Forderung nach Abschaffung der bestehenden Eigentumsverhältnisse und einer gleichmäßigen Umverteilung des Eigentums bereitete er den Boden für den von Karl Marx beeinflussten revolutionären Anarchismus Michail Bakunins. Nach Proudhon und seinen noch von der französischen Aufklärung beeinflussten Vorläufern wie William Godwin und Stirner sollte die Befreiung der Individuen zu ebenso selbstverantwortlichem wie der Gemeinschaft verpflichtetem Handeln jegliche (staatliche) Autorität langfristig überflüssig machen. Während der kollektivistische Anarchismus z. B. Proudhons Gewalt zur Durchsetzung seiner Ziele stets ablehnte und auf friedliche soziale Reformen baute, strebt der revolutionäre Anarchismus die Verwirklichung der klassenlosen und von jeglicher staatlichen Autorität freien Gesellschaft auf dem Wege der gewaltsamen Revolution an. Und während der kollektivistische Anarchismus die Produktionsmittel als Privateigentum, allerdings umverteilt von wenigen auf alle, belassen will, will der revolutionäre Anarchismus die Produktionsmittel, nicht aber die Konsumgüter in Gemeinschaftseigentum überführen. In der Eigentumsfrage noch einen Schritt weiter als der revolutionäre Anarchismus ging der kommunistische Anarchismus oder Anarchokommunismus des Fürsten Piotr Aleksejewitsch Kropotkin, der auch die Konsumgüter in Allgemeineigentum überführt sehen wollte. Einen pazifistischen Anarchismus vertrat der Dichter Lew Tolstoj in seinen Werken; aus seiner Ablehnung jeder Form von Gewalt folgte die Ablehnung jeder Art von Herrschaft. Aufgrund unterschiedlicher Standpunkte zu Fragen der persönlichen Freiheit gerieten Anarchismus und Sozialismus schon bald zu konkurrierenden Bewegungen: Auf dem Kongress der Internationalen Arbeiterassoziation, der Ersten Internationale, wurden Michail Bakunin und seine Anhänger von den Sozialisten unter der Führung von Karl Marx überstimmt; 1872 wurden die Anarchisten aus der Internationale ausgeschlossen. Der zum Teil schroffe Gegensatz zwischen Anarchisten und Sozialisten fand seinen deutlichsten Ausdruck während des Spanischen Bürgerkrieges (1936-1939): Auf der Seite der Republik kam es zwischen der von den Anarchisten beherrschten syndikalistischen Gewerkschaftsorganisation, die eine entscheidende Rolle im Kampf gegen Franco spielte, und den Kommunisten und Sozialisten zu erbitterten Richtungskämpfen. Der Anarchismus fand vor allem in Frankreich und Spanien zahlreiche Anhänger, beeinflusste hier stark die Gewerkschaftsbewegung und wurde zu einer bedeutenden politischen Kraft. Von Spanien aus griff der Anarchismus auch auf einige Länder Lateinamerikas über und wirkte z. B. während der Mexikanischen Revolution 1910/11 auch auf Emiliano Zapata. In Russland hatten die Anarchisten wesentlichen Anteil am Sieg der Revolution im Oktober 1917, wurden dann jedoch von den Bolschewisten ausgeschaltet. In Deutschland, Österreich sowie in den USA z. B. verfügte der Anarchismus über relativ wenig Einfluss; weltweit verlor er nach dem 1. Weltkrieg außer in Spanien an Bedeutung. Erst die Studentenbewegung der sechziger Jahre sowie die Neue Linke bezogen sich wieder auf anarchistisches Gedankengut. Obgleich die meisten anarchistischen Theoretiker Terrorismus und Gewalt als Mittel der Politik ablehnten, wurde und wird der Anarchismus gemeinhin mit Gewaltbereitschaft gleichgesetzt. Von einzelnen Anarchisten verübte Attentate, wie jene auf Kaiser Wilhelm I., Zar Alexander II., die Kaiserin Elisabeth, den italienischen König Umberto I., den US-Präsidenten William McKinley, den griechischen König Georg I. und den französischen Präsidenten Carnot gaben den weit verbreiteten Vorurteilen beständig neue Nahrung, und zahlreiche weitere Anschläge, wie etwa das Bombenattentat während der Haymarket-Unruhen in Chicago 1886, die mit großer Wahrscheinlichkeit nicht von Anarchisten begangen wurden, schrieb man Tätern aus dem Umfeld des Anarchismus zu. Microsoft ® Encarta ® 2009. © 1993-2008 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.

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